Lehrerassistenten aus Russland und Großbritannien müssen bald zurück in ihre Heimat Goodbye, Deutschland

Von Christin Käther 25.05.2011, 06:31

Fremdsprachenassistenten unterstützen die Lehrer an ausländischen Schulen. Sie lernen die Kultur ihres jeweiligen "Einsatzlandes" kennen und sammeln wertvolle Erfahrungen für ihren weiteren Berufsweg. Am Gymnasium Martineum in Halberstadt gibt es derzeit zwei von ihnen.

Halberstadt. Seit über acht Monaten sind Victoria Kosharskaya und Kyle Asbury in Halberstadt und assistieren den Fremdsprachenlehrern am Gymnasium Martineum. Wenn sie nächste Woche ihren Dienst beenden, verlassen sie Deutschland mit gemischten Gefühlen.

Victoria kommt aus Tobolsk. Studiert hat sie Deutsch, Französisch und Englisch auf Lehramt an der Staatlichen Universität in Tjumen, der ältesten Stadt Sibiriens. Ihr Studium hat sie im vergangenen Jahr beendet. Genau wie Kyle, der Deutsch und Französisch an der Warwick University in Coventry absolviert hat. Der 23-Jährige kommt aus einer Kleinstadt bei Birmingham und hat als Student schon einmal ein Auslandsjahr in Thüringen verbracht. Für Victoria hingegen ist es das erste Mal, in einem fremden Land zu wohnen.

Die beiden sind über den Pädagogischen Austauschdienst (PAD) nach Halberstadt gekommen. Das Martineum nimmt über dieses Programm seit Jahren regelmäßig Fremdsprachenassistenten auf - bisher aber immer nur für Russisch und Englisch. Die Betreuungslehrer kümmern sich um Formalitäten und eine Wohnung für die "pädagogischen Praktikanten". Victoria und Kyle wohnen zusammen in einer WG und haben es nicht weit zur Schule.

"Die Schüler sind alle ganz lieb und sehr motiviert"

Beide hatten zu Anfang ihres Aufenthalts kleine Startschwierigkeiten. Vor allem nervt sie die deutsche Bürokratie. "So viele Unterschriften und Papierkram", stöhnt Kyle. "Ich vermisse die Discos und das Studentenleben in Tjumen", meint Victoria. Beide mussten außerdem mit geschlossenen Geschäften am Sonntag klarkommen. Das gibt es in ihrer Heimat nicht. "Ich vergesse immer, am Sonnabend einzukaufen und am Sonntag kann ich nicht das holen, was ich brauche", beschwert sich Kyle. An den Schulrhythmus mussten sie sich auch erst gewöhnen, besonders Langschläferin Victoria: "Hier fängt die Schule schon um 7.45 Uhr an. In Russland geht es ab 8.30 Uhr los." Für sie sei das aber nicht weiter problematisch. Schließlich hat sie es nicht weit zur Schule und schafft es deshalb gerade pünktlich zum Unterricht.

Für Kyle und Victoria sieht der Wochenplan ähnlich aus. Sie sind mindestens zwölf Stunden an der Schule und helfen den Lehrern im Unterricht. Sie korrigieren sprachliche Fehler bei den Schülern und arbeiten mit ihnen an den Texten. Nebenbei geben sie auch Nachhilfe. In ihrer Freizeit erkunden sie oft zusammen das kulturelle Leben Halberstadts. Während Kyle sich sportlich betätigt, nutzt Victoria die Gelegenheit, viele Länder zu bereisen. "Ich reise fast jedes Wochenende irgendwo hin", so die 23-Jährige. "Ich möchte möglichst viel sehen. Von Russland aus ist das schwieriger, weil alles so weit weg ist und das Reisen so teuer ist."

Die Schüler am Gymnasium sind den beiden Stipendiaten schnell ans Herz gewachsen. "Sie sind alle ganz lieb und sehr motiviert", findet Victoria. Kyle fügt hinzu, dass er es viel besser findet, dass man in Deutschland schon so früh mit dem Erlernen von Fremdsprachen beginnt. In Großbritannien fängt man damit frühestens in der 7. Klasse an und kann das Fach nach zwei Jahren schon wieder abwählen.

"Ich würde gern in Deutschland arbeiten"

Nächste Woche ist ihre Zeit als Fremdsprachenassistenten vorbei. Ungern verlassen die beiden Deutschland, denn sie haben sich wunderbar eingelebt. Zu Hause müssen sie sich wieder Gedanken machen, was sie als nächstes tun. Victoria würde gern in St. Petersburg weiterstudieren. Oder einen Job finden, der mit Fremdsprachen zu tun hat. Irgendwann möchte sie mal selbst an einer Uni dozieren. Kyles Zukunft ist noch ungewiss. Mit seinen Freunden plant er eine Zug-reise durch Osteuropa. Zu Hause stehen die beruflichen Chancen nicht gut. "Über 1,5 Millionen junge Briten sind arbeitslos", erzählt er. Da ist es schwierig, überhaupt einen Job zu finden. "Ich würde gern in Deutschland arbeiten." Ein Master-Studium käme für ihn auch in Frage, aber Studieren ist in Großbritannien mittlerweile Luxus geworden.

Beide nehmen viele positive und unvergessliche Eindrücke aus Deutschland mit. "Ich habe gute pädagogische Erfahrungen gesammelt. Vor allem wie man mit den Schülern umgeht und neue Lehrmethoden", schildert Victoria. Genau wie Kyle hat sie die Schönheit des Landes und seiner Kultur entdeckt und ist fasziniert von seiner Geschichte. Aber die Sehnsucht nach den Freunden und der Familie nagt schließlich auch an ihnen. Wer weiß, vielleicht treibt es sie eines Tages ja wieder nach Deutschland. Wünschen würden sie es sich zumindest.