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  7. Gaffert: Kein Blankoscheck für Parkhausbau in Schierke

Umweltfrevel bei massivem Holzeinschlag im Bodetal? / Stadtforstamtschef betont gutes Miteinader mit Naturschützern Gaffert: Kein Blankoscheck für Parkhausbau in Schierke

Von Tom Koch 29.09.2012, 01:18

Schierke/Wernigerode l Sind es eintausend Baumstämme, oder 2000, oder gar noch mehr? Viele mächtige Holzstapel liegen dieser Tage im Schierker Bodetal. Umweltfrevel für das Tourismusprojekt in der Brockengemeinde?

Der Wernigeröder Christian Reinboth hat große Sorge, dass diese Bäume dann umsonst gefällt worden sind, wenn sich die Träume im Wernigeröder Rathaus von einem alpinen Wintersportzentrum am Schierker Winterberg nicht erfüllen. Gegenüber der Volksstimme sagte Reinboth allerdings auch, ihm sei in Schierke positiv aufgefallen, dass am Lauf der Bode etliche der charakteristischen Bäume nicht gefällt worden sind.

Diese als "Talwächter" bezeichneten Fichten zu schonen, stattdessen den Straßenbau in Richtung Hang zu verschieben, das sei das Ergebnis der mit den Umweltverbänden erzielten Vereinbarung, informierte gestern Wernigerodes Forstamtschef Michael Selmikat.

Vertraglich sei mit dem Landesforst geregelt, dass die Wernigeröder im Landeswald Bäume fällen und die Sandbrinkstraße bauen dürfen, berichtet Selmikat im Volksstimme-Gespräch. Rund 900Festmeter Holz seien für den Straßenbau und das künftige Schierker Parkhaus gefällt worden. Größtenteils Fichtenbestände im Alter von bis zu 190Jahren. "Der Wald war überreif. Das Holz ist schlechter als wir erwartet haben", schätzte der Stadtförster ein. Teils sehr fauliges Holz und reichlich Stammschäden würden die Qualität beeinträchtigen. Teilweise, so Selmikat, seien die Bäume bereits "nicht mehr vital" gewesen.

Mit den Naturschutzverbänden gebe es ständigen Kontakt. Wegen des Straßen- und Parkhausbaues in Schierke gebe es keine Meinungsverschiedenheiten, stellte Selmikat fest.

"Auslastung von 100Prozent gibt es nirgendwo auf der Welt"

Dass anstelle von terrassenförmig angelegten Parkplätzen jetzt ein Parkhaus gebaut werde, verringere den sogenannten Eingriff in die Natur. Das hatte bereits am Donnerstagabend Wernigerodes Oberbürgermeister Peter Gaffert (parteilos) vor den Stadträten ausdrücklich betont.

Er widersprach vehement Veröffentlichungen, wonach das Parkhaus drohe, zur Investitionsruine zu verkommen, weil es allein für die künftigen Alpin-Wintersportler gebaut würde. Gaffert: "Wir haben uns zu diesem Projekt entschieden, um ein ganzjähriges Verkehrsproblem in Schierke zu lösen." Dass es vor allem an sonnigen Winter-Wochenenden zu teils chaotischen Verhältnissen bei der oft vergeblichen Parkplatzsuche komme, sei nicht nur den Schierkern hinlänglich bekannt, so der Rathauschef.

In der Stadtratssitzung betonte er, die Investitionsbank habe keinen Blankoscheck für das Parkhaus ausgestellt, die Wernigeröder hätten zuvor nachweisen müssen, dass sich eine solche Ausgabe auch "rechne". Im ersten Jahr werde erwartet, dass das 715Autos fassende Haus zu 22Prozent ausgelastet sei. 22Prozent deswegen, weil das der Zahl der heute in Schierke vorhandenen öffentlichen Parkplätze entspreche. Wie Gaffert weiter vorrechnete, sei das Parkhaus bereits mit dieser Auslastung wirtschaftlich zu betreiben: "Es ist absurd zu glauben, ein Parkhaus mit einer 100-prozentigen Auslastung vom ersten Tag an zu bauen. Das gibt es nirgendwo auf der Welt."

Den Kritikern hielt der Wernigeröder Oberbürgermeister vor, sie hätten kein Interesse daran, dass es in Schierke endlich vorangehe, das seien jedoch "lediglich bedauerliche Einzelmeinungen".

Wie Gaffert weiter informierte, gehöre zur Wirtschaftlichkeitsanalyse für das Parkhaus, dass mit einer statistischen Nachfragesteigerung von jährlich vier Prozent gerechnet werde. Auch deswegen, weil etliche Projekte in Schierke erst in den kommenden Jahren verwirklicht würden.

Vom künftigen Parkhaus aus könne man Schierke gut zu Fuß erreichen. Sobald eine Seilbahn bis zum Wurmbergsattel errichtet sei, können das vorhandene Loipennetz, der neue Rodelhang, auch eine Abfahrt zum Braunlager Kaffeehorst oder in der schneefreien Zeit der Kletterpark erreicht werden. Mithin, so Peter Gaffert, viele Gründe, die für ein Schierker Parkhaus sprechen.