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Zum Tod einer Havelbergerin, die für ihre Stadt gelebt und gekämpft hat Waldtraut Henschel hinterlässt viele Spuren

19.07.2014, 01:17

Havelberg l Waldtraut Henschel ist tot. Die Havelbergerin ist am Mittwoch im Alter von 84 Jahren gestorben. Diese Nachricht hat tiefe Betroffenheit ausgelöst, denn sie war bei vielen Menschen beliebt und geachtet aufgrund ihrer vielen Aktivitäten für ihre Stadt. Wer über Waldtraut Henschel spricht, denkt auch an ihren Mann Kurt, den Maler, der vor sechs Jahren gestorben ist. Beide waren eine Einheit, haben sich stets für ihre Stadt mit dem Dom, den denkmalgeschützten Häusern sowie für Kunst und Kultur eingesetzt. Die Volksstimme sprach mit Wegbegleitern.

"Als ich 1982 ins Prignitz-Museum kam, hat sie mich unter ihre Fittiche genommen. Kurt Henschel war seit 1953 Museumsleiter, Waldtraut arbeitete seit 1958 hier und war seine Stellvertreterin", berichtet Museologin Sabine Ball. Von Waldtraut Henschel lernte sie viel über die Pflege- und Bauunterhaltung, denn der Dom wurde damals vom Museum mit betreut. Am Anfang empfand sie ihre Chefin als streng. Doch lernte sie sie bald sehr schätzen. "Kurt Henschel war der Künstler und der Ästhet. Waldtraut hat ihm immer den Rücken freigehalten, hat alles Organisatorische im Griff gehabt. Sie waren als Ehepaar einfach klasse, haben sich total gut ergänzt." Die Zähigkeit und Beharrlichkeit, mit der es Waldtraut Henschel nach einem schweren Sturm gelungen war, doch noch Dachziegel für den Dom zu besorgen, haben ihr zum Beispiel imponiert. Henschels hatten einen guten Draht zu den Menschen. Allerdings waren sie nicht bei allen beliebt. Vor allem dann, wenn sie für Dom, Museum und Denkmalschutz kämpften.

Konzertreihe begründet

"Waldtraut hat in den Sechzigern die Konzertreihe in Dom und Museum eingeführt", erzählt Sabine Ball. Und von der Gastfreundschaft, die sie nicht nur den Künstlern gegenüber zeigten. Sie luden sie zu sich nach Hause ein, bewirteten sie, boten Schlafplätze. Wenn es noch keine Freunde waren, wurden sie es vielfach dann. "Beide haben ihr Leben der Kunst und der Kultur gewidmet. Dabei waren Arbeit und Privates nicht getrennt, es war eine glückliche Verbindung."

Eine tiefe Freundschaft verband den Havelberger Herbert Stertz mit Henschels. Der einstige Heimatvereinsvorsitzende hat einen Nachruf geschrieben, den die Volksstimme in den nächsten Tagen veröffentlicht. Er erinnert darin an das Forsthaus in der Oberlausitz, in dem Waldtraut Henschel aufwuchs und das dem Tagebau weichen musste. Das "D" in ihrem Namen war ihr stets wichtig und ihr Name war Synonym für das, wofür sie sich ebenfalls ein Leben lang einsetzte: den Baumbestand in Havelberg. Wie traurig war sie, als die Magnolie am Krugtorhohlweg der Buga weichen musste.

"Was mich beeindruckt hat, war die tiefe Liebe zu ihrem Havelberg. Diese hat sie mit ihrem Mann gelebt", sagt Bürgermeister Bernd Poloski. Er denkt dabei sowohl an die berufliche Arbeit im Museum, als auch an die Zeit des Ruhestandes. "Sie war nicht nur ungeheuer interessiert, sondern sie hat sich eingemischt. Sie hat ganz wesentlich Kunst und Kultur in der Stadt vorangetrieben und eine wichtige Rolle gespielt. Sie hat kritisch, aber immer konstruktiv und sachlich auf Missstände hingewiesen und sich bis zum Schluss zu Wort gemeldet." Beeindruckt hat den Bürgermeister, dass sie deutlich gesagt hat, was sie dachte. Manchmal stundenlange Gespräche werden ihm in guter Erinnerung bleiben. "Ich habe immer gespürt, ihr Herz hängt an dieser Stadt. Waldtraut Henschel war eine außergewöhnliche Frau, die ihre Spuren hinterlassen hat. Ihr Tod ist ein Verlust für die Stadt."

Ein Verlust für die Stadt

Das empfinden auch wir in der Redaktion. Ich erinnere mich an Zeiten im Advent, wenn ich von Kurt Henschel die gemalten Weihnachts- oder Neujahrsgrüße für die Volksstimme-Leser abgeholt habe oder nach seinem Tod von Waldtraut Henschel. Das Atelier mit Blick über die Dächer der Stadt. Wie schön es doch wäre, dieses später Besuchern als Museum zu zeigen, darüber haben Frau Henschel und ich auch philosophiert. Noch so viel wollte ich von ihr wissen, etwa, wie es damals war, wenn Berliner Künstler zum Malen nach Havelberg kamen. Oder wie weit es mit der Gründung einer Stiftung am Prignitz-Museum für die Bewahrung des Lebenswerkes von Kurt Henschel ist. Dass es dazu noch nicht gekommen ist, bedauert auch Sabine Ball. Immer, wenn wir uns auf der Straße trafen, gab es ein städtisch wichtiges Thema zu diskutieren. Aktuell ging es Waldtraut Henschel um die tristgrauen Elektrokästen, die doch künstlerisch gestaltet werden könnten. Ich wünsche ihr, dass ihr dieser Wunsch und die Gründung der Stiftung posthum erfüllt wird.