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Jungtiere zu Gast im Salzwedeler Tierpark / Sonnabend geht es ins neue zu Hause Waisenstörche erhalten Adoptiveltern

Von Marco Heide 16.06.2015, 03:16

Im Salzwedeler Tierpark übernachten derzeit zwei gefiederte Gäste. Genauer gesagt handelt es sich um zwei Jungstörche, die zu Waisen geworden sind.

Salzwedel l Vier Eier lagen in diesem Jahr im Saalfelder Storchennest. Doch als der Vater der heranwachsenden Küken von einem Auto überfahren wurde, stand die Mutter alleine da - ohne Chance, den Nachwuchs durchzubringen. Die Untere Naturschutzbehörde des Altmarkkreises Salzwedel griff ein, um die ungeborenen Störche zu retten.

Mit der Drehleiter der Salzwedeler Feuerwehr gelangten die Naturschutzexperten an den Horst und holten die vier Eier heraus. Nun lief die Zeit gegen die Retter, denn das Gelege musste schnell in den Storchenhof Loburg, wo die Eier ausgebrütet werden sollten. Die Mitarbeiter des Hofes kamen bis Stendal entgegen. Bis dorthin hat eine Mitarbeiterin der Unteren Naturschutzbehörde mit ihrem Körper die Eier gewärmt.

Alleinerziehende Störche sind chancenlos

Karsten Bierstedt von der Unteren Naturschutzbehörde des Altmarkkreises erklärt, warum die alleinerziehende Storchenmutter keine Chance gehabt hätte und der Kreis deshalb handeln musste: "Irgendwann muss das Muttertier einmal Fressen beziehungsweise Nahrung beschaffen. Dann kann niemand die Eier vor Raubtieren beschützen." Ein weiterer Aspekt sei, dass ein einzelnes Tier es nicht schaffen würde, genug Nahrung für die Jungtiere heranzuschaffen. "Durch die Trockenheit gibt es in diesem Jahr sehr wenig Futter. Viele Horste sind deshalb verwaist", erläutert Bierstedt. Schlussendlich stellt auch ein neuer Lebensabschnittsgefährte eine Gefahr für das Gelege dar. Hätte die Saalfelder Storchenwitwe einen neuen Mann gefunden, wären laut Bierstedt die Eier aus dem Nest geflogen. Doch so weit kam es glücklicherweise nicht.

Aus den vier Eiern, die nach Loburg geschafft wurden, sind zwei Küken geschlüpft, die die Mitarbeiter des Storchenhofes liebevoll aufgepäppelt haben. Eines der Jungtiere ist seit Freitag wieder in der Heimat. Begleitet wird der altmärkische Vogel von einem Artgenossen aus dem sächsischen Mügeln. Beide sollen am kommenden Wochenende zu ihren neuen Eltern kommen. "Am Sonnabend gibt es zwischen Salzwedel und Kalbe eine Beringungsaktion. Die beiden Jungstörche nehmen wir mit und entscheiden vor Ort, welche Familie für sie am geeignetsten ist", erklärt Karsten Bierstedt das Vorgehen.

Größe und genug Nahrung sind wichtig

Die Kriterien, nach denen die Adoptiveltern ausgewählt werden, sind die Größe und Anzahl der leiblichen Nachkommen. Ein größeres Jungtier könnte die kleineren aus dem Nest werfen. Außerdem sei es nicht sinnvoll, erklärt Bierstedt, wenn man die Waisen in Nester setzt, in denen ein Tier wegen Nahrungsmangel bereits verendet sei. Stimmen die genannten Parameter, haben die beiden Jungstörche gute Chancen, zu überleben.

"Die Erfolgsquote liegt bei 95 Prozent", sagt Michael Kaatz, Geschäftsführer vom Storchenhof Loburg. In diesem Jahr haben die Naturschützer 15 Storche großgezogen, die bei ihnen als Jungtiere oder im Ei angekommen sind. "Sechs haben wir schon abgegeben - darunter die beiden Tiere nach Salzwedel. Die anderen neun werden in den kommenden Wochen ausgewildert", erläutert der Storchen-Experte. Der Zeitpunkt des Aussetzens richte sich nach der Größe des Tieres, da es eine gewisse Robustheit besitzen müsse. Diese sei nach ungefähr fünf Wochen nach dem Schlüpfen erreicht, weiß Michael Kaatz. Am Sonnabend starten nun die beiden Waisenstörche aus dem Salzwedeler Tierpark zum zweiten Mal in ihr noch junges Leben.