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Ravi Shekhar für sechs Monate in der Altmark / Premiere am 16. September im Filmpalast Von Mumbai nach Salzwedel: "Kulturschock" regt zum Filmdreh an

Von Alexander Walter 09.08.2012, 05:19

Er kommt aus dem indischen Mumbai. In Salzwedel dreht Ravi Shekhar einen Film über die Altmark. In erster Linie ist das Werk aber eine Auseinandersetzung mit sich selbst.

Salzwedel l Als Ravi Shekhar zu Ostern 2007 durch die Salzwedeler Innenstadt lief, konnte er es nicht fassen: Straßen und Gassen waren an indischen Verhältnissen gemessen wie leergefegt. Nur vereinzelt liefen Menschen durch die Fußgängerzone. "Für mich war das ein Kulturschock", sagt der aus der 12-Millionen-Menschen-Metropole Mumbai stammende Künstler. Zuhause in seiner Heimat könne man den Massen kaum entkommen. "Dort findet man nur sehr schwer ein Stück Einsamkeit."

Während dieser ersten Begegnung mit Salzwedel habe er darüber nachgedacht, an diesem für ihn so friedlichen Ort einen Film zu produzieren, erzählt der 53-Jährige. Erst als ein Freund ihn auf die Idee brachte, sich um einen Platz im Salzwedeler Stipendiatenhaus zu bewerben, nahm dieser Gedanke allerdings konkrete Züge an. Nach seiner Bewerbung erhielt Shekhar im Frühling dieses Jahres den Zuschlag für sein Projekt. Auf Einladung des Salzwedeler Stipendiatenhauses und gefördert mit dem Christa Maria Meyer-Stipendium der Kunststiftung Sachsen-Anhalt verbringt der studierte Fotograf nun sechs Monate in der Jeetzestadt.

Der Film, den der Inder hier dreht, handelt allerdings nicht von Salzwedel und der Altmark im eigentlichen Sinne, auch wenn Landschaft und Menschen der Region vorkommen. "Es ist ein Film über mich, eine Art Selbstportrait", sagt der Künstler. Ein Selbstportrait über einen indischen Großstädter, gedreht ausgerechnet in Salzwedel? Es sind Widersprüche wie diese, an die Shekhar mit seiner Produktion anknüpfen möchte.

Der Film erzählt über die Reise(n) des Künstlers, im räumlichen wie im biografischen Sinne. Beginnend mit Szenen aus seiner Heimat, der Begräbnisstadt Varanasi am Ganges, gibt Shekhar Landschaften, historischen Ereignissen und den Menschen, die ihm begegnet sind, Raum. Nicht zuletzt auch jenen, die er während seiner Aufenthalte in Salzwedel und der Altmark getroffen hat.

Zu sehen sind dabei etwa Ausschnitte vom Salzwedeler Weinfest, von der Salzwedeler Friedensfahrt oder auch von Konzerten im Salzwedeler Hanseat. Über rund 60 Minuten entsteht Baustein für Baustein ein Bild vom Leben des Künstlers und von seiner Sicht auf die Welt, die, je länger der Film dauert, immer reicher und differenzierter wird.

Ziel der Produktion sei es, das vielfach festgefahrene Weltbild der Menschen zu "stören" und zu erweitern, sagt Ravi Shekhar. "Denn nur durch Störungen sind auch Veränderungen möglich."

So gehe es ihm etwa um die Erkenntnis, dass niemand für sich allein steht, sondern sich immer in Abhängigkeit von äußeren Bedingungen und anderen Menschen entwickelt.

"Wenn du einen Menschen wirklich kennenlernen willst, triff seine Freunde."

Eine alte Weisheit bringe dies gut auf den Punkt: "Wenn du einen Menschen wirklich kennenlernen willst, triff seine Freunde", sagt der 53-Jährige. Diese Weisheit sei der Grund dafür, warum er vor allem andere in seinem Film zu Wort kommen lasse. Und Shekhars Werk liegt noch eine weitere Weisheit zu Grunde: "Wenn du keine Bücher lesen möchtest, reise" heißt sie. Durch das Reisen zerbrechen alte Weltbilder, werden ergänzt und erweitert. "In Indien bin ich einfach nur ein Künstler, hier bin ich plötzlich Inder und damit Repräsentant meiner Kultur", sagt Shekhar. Durch solche Erfahrungen werde man sich der eigenen Herkunft und Denkweisen bewusst.

Eine der wichtigen Erfahrung im Leben des Inders Ravi Shekhar war in jedem Fall sein erster Besuch in Salzwedel. Von Erlebnissen wie diesem und ihrer Bedeutung für die Entwicklung der Menschen handelt sein Film.

Zu sehen ist er am Sonntagabend, 16. September, im Salzwedeler Filmpalast. Ravi Shekhar ist schon jetzt dankbar für die Zeit in Salzwedel. "Ich bin sehr glücklich, dass ich diesen Film hier machen kann", sagt er. "Der Austausch mit anderen Menschen hat etwas Magisches."