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  7. 40 Tonnen Heu für Janet Wicks "britische Rinder" von Rajoch

Landwirte aus Rheinland-Pfalz und dem Saarland helfen Flutbetroffenen 40 Tonnen Heu für Janet Wicks "britische Rinder" von Rajoch

Von Thomas Linßner 11.10.2013, 03:15

Janet und Thomas Wick züchten in Rajoch stattliche Hereford-Rinder, die ihren Ursprung in Herefordshire (Großbritannien) haben. Doch die Flut vom Juni wurde dem Ökologischen Landbaubetrieb beinahe zum Verhängnis.

Lödderitz-Rajoch l Die vier Bullen, die Nahe Rajoch auf der Weide grasen, wirken wie "Beratungsmuster". "Der Großteil unserer 40-köpfigen Hereford-Rinderherde steht gegenwärtig in Oschersleben", erzählt Thomas Wick (51). Zusammen mit seiner Ehefrau Janet züchtet er die bei uns relativ seltene Rasse im Nebenerwerb. Weil Wicks Flächen unweit der Breitenhagener Deichbruchstelle liegen, hat es ihn voll erwischt. "Hundert Prozent der Weiden waren überflutet", sagt der Wahl-Rajocher. Deswegen kamen die meisten Tiere bei einem kooperierenden Landwirt in Oschersleben unter.

Dennoch sah die Zukunft vor den Naturgewalten des Hochwasser schon mal besser aus. Rund 70 Prozent der Weideflächen werden voraussichtlich im kommenden Jahr nicht nutzbar sein. Sie müssen neu angesät werden. Der Aufwuchs wäre 2014 noch "zu zart" für die Weidenutzung. So können Thomas Wicks Hereford-Rinder nur auf knapp einem Drittel grasen. Woraus resultiert, dass das Futter perspektivisch knapp wird.

Gute Heuernte im Westen der Republik half

Dem wirkte vor wenigen Tagen die Solidarität des Züchterkollegen Michael Fey aus dem Hunsrück entgegen. "Er kannte unsere Situation und hat Hilfe organisiert", freut sich Thomas Wick. Wie er sagt, habe die Region in Rheinland-Pfalz und dem Saarland eine gute Heuernte gehabt. Fey sprach Landwirte an, die daraufhin Heu spendeten. Insgesamt kamen 120 Ballen zusammen.

Wie aber eine 40-Tonnen-Fuhre einmal quer durch die Republik finanzieren? Die Lösung versprachen die Ortsverbände Idar-Oberstein und Simmern des Technischen Hilfswerkes (THW), die am Sonnabend mit drei Lastzügen in Rajoch anrückten. In der Presse hatte man dazu aufgerufen, Geld für Diesel zu spenden. Dabei kamen 2000 Euro zusammen, das Heu war ja gratis. Michael Fey und sechs THW-Kameraden (sowie ein Lkw-tauglicher Hund) waren kurz nach 7 Uhr losgefahren, um nach rund 550 Kilometern gegen 17 Uhr in Rajoch anzukommen. Die letzte von mehreren Umleitungshürden musste bei Calbe genommen werden, wo noch immer die Landesstraße über Brumby gesperrt war. Von Rajoch fuhren die Trucks nach Kühren weiter, wo sich Wicks Stallanlagen befinden. Die THW-Leute übernachteten hier, machten sich tagsdarauf wieder auf die Heimreise.

Ein gutes Beispiel gelebter Fluthilfe, die Thomas Wick nun wieder zuversichtlicher in die Zukunft schauen lässt.

Wenn Janet Wick bei ihren Tieren ist, spricht sie mit ihnen englisch. Sie stammt aus Wales, ein Aufkleber am Auto kündet stolz davon. Er zeigt einen martialisch-roten Drachen, vor dem sich nicht nur die Kühe fürchten würden.

In drei Wochen werden die Rinder zurück gebracht

Ein bisschen lassen die Rinder bei Janet vermutlich heimatliche Gefühle aufkommen, ist deren Ursprung doch die Grafschaft Herefordshire in der Region West Midlands. Im Westen grenzt die walisischen Grafschaften Gwent an. Wenn Hereford-Rinder bei uns relativ selten sind, sieht man sie in England sehr viel öfter. "Herefords" sind bekannt durch ihre Robustheit und Anpassungsfähigkeit sowie durch die hervorragende Fleischqualität.

In etwa drei Wochen kommen die evakuierten Tiere von ihrer Oschersleber Weide nach Rajoch zurück. Was sie erwartet ist duftendes Heu aus Rheinland-Pfalz und dem Saarland.