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Ortsbürgermeister Martin Giesecke bleibt standhaft

Von Thomas Linßner 24.07.2015, 17:41

Der Ortsbürgermeister aus Zuchau will nicht mehr. Er bleibt standhaft bei seiner Nicht-Kandidatur.

Zuchau l Sitzung des Ortschaftsrates im Bürgerhaus Zuchau. Es sind drei Bürger gekommen, im "Präsidium" sitzen übereck Amtsleiterin Karin Knopf, Sekretärin Andrea Völlmecke und Bürgermeister Jens Strube. Gegenüber Noch-Ortschef Martin Giesecke mit einigen Ortschaftsräten. Die Sitzung wird von Vize Jörn Weinert geleitet.

Mit Glockenschlag 19.30 Uhr eröffnet sie der promovierte Altgermanist. Und kommt ohne Umschweife zur Sache. Weinert lobt die politische Leistung Gieseckes: Straßensanierung, Baumpflanzungen "und die Stühle, auf denen wir hier sitzen". Alles klingt nach Verabschiedung. Nach der Kurz-Laudatio steht Weinert auf, um sich mit einer Flasche original-polnischem Wodka bei Giesecke "für 20 Jahre harter Arbeit" zu bedanken.

Nach vier Minuten ist alles erledigt.

"Jetzt, wo Du so einen Super-Ortschaftsrat hast, willst Du aufhören!?"

Dann meldet sich Jens Strube zum Thema Wer-wird-der-neue-Bürgermeister-von-Zuchau zu Wort. Er spricht von "schweren Zeiten, die weit über das Maß des Erträglichen" hinaus gingen. (Gemeint sind langjährige Raufereien im Gemeinderat.) "Jetzt, wo Du so einen Super-Ortschaftsrat hast, willst Du aufhören!?", hebt Strube ein bisschen vorwurfsvoll die Stimme.

Martin Giesecke blickt auf das Blatt vor ihm. Ein leichtes Lächeln huscht über sein Gesicht.

Wird er umkippen? Wie sein Amtsbruder in Lödderitz, der sich auch erst in entscheidender Sitzung breit schlagen ließ!

Es ist 19.40 Uhr. Jetzt schlägt Amtsleiterin Karin Knopf in die Kerbe ihres Chefs. Sie führt Gieseckes große Erfahrung ins Feld, holt den Honigtopf raus, versucht ihn zu überreden, wenigstens bis 2019 weiter zu machen ... "Ich falle Ihnen jetzt mal ins Wort", streckt sich der Noch-Ortschef, der Bio-Lehrer, der einen Tag vor der Sitzung seinen 59. Geburtstag feierte. Ein Jahr lang sei er erfolglos damit beschäftigt gewesen, einen Nachfolger zu finden. Aufzuhören sei nicht zuletzt ein Zugeständnis an seine Familie. Anderenfalls würde er unglaubwürdig werden. "Jetzt ist Schluss. Definitiv. Die Diskussion können wir damit beenden!" Er klingt ein bisschen nach Schulstunde, wo 44 Minuten über die Klassenfahrt debattiert wurde.

Karin Knopf ist unbeeindruckt. Und versucht es weiter. "Dann wäre Zuchau neben Pietzpuhl im Jerichower Land der zweite Ort in Sachsen-Anhalts ohne Ortsbürgermeister!"

Martin Giesecke verzieht leicht das Gesicht. Und bleibt eisern: "Nein!"

Jetzt verlagert die Amtsleiterin, die bestimmt auch gut Versicherungen oder Time-Sharing-Wohnungen verkaufen könnte, ihre Überzeugungsarbeit auf eine andere Person. "Und Sie, Herr Doktor Weinert!?", lächelt sie ihn gewinnend an. Zuchau habe sich doch gut entwickelt, die Probleme seien klein, ebenso wie der Sitzungsaufwand ...

"Wir würden der zweite Ort im Land ohne Ortsbürgermeister sein? Peinlich!"

Jörn Weinert scheint diesen Vorstoß geahnt zu haben. Er argumentiert mit seiner anstehenden Professur und damit, dass er nicht wisse, wo ihn der Wind einst beruflich hin wehen werde. Weil der 39-Jährige aber ein Lokalpatriot ist, räumt er ein: "Wir würden der zweite Ort im Land ohne Ortsbürgermeister sein? Peinlich!"

Karin Knopf sieht ihre Chance, da einzuhaken ...

Doch Weinert würgt ab: "Wir werden beim Heimatfest über Martins Nachfolge reden!" Das findet vom 21. bis 23. August statt.

Vielleicht bewahrheitet sich dann die alte Weisheit wieder, dass beim Bier die besten Entscheidungen gefällt werden ...