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Geplante GEZ-Erhebung: Verband der Gartenfreunde wendet sich an Politiker "Das Aus für viele Kleingartenanlagen"

Von Kathleen Radunsky und Daniel Wrüske 17.11.2011, 04:22

Der Verband der Gartenfreunde Schönebeck und Umgebung will sich gegen die Pläne wehren, GEZ-Gebühren für Lauben bezahlen zu müssen. Die Laubenpieper schicken ein Protestschreiben an die Landtagsfraktionen.

Schönebeck l Elke Lindemann war fassungslos, als sie die Volksstimme aufschlug und las, dass der Landtag GEZ-Gebühren für Kleingartenanlagen neu behandelt. Die Laubenpieper sollen künftig für Radio- und Fernsehgeräte im Gartenhäuschen zur Kasse gebeten werden, wenn das Gebäude größer als 24 Quadratmeter ist. Grundlage ist ein neues Rundfunkgebührengesetz, es rechnet nicht mehr nach Geräten, sondern nach Haushalten ab.

"Das ist Geld scheffeln auf Kosten der Bevölkerung", sagt die Schönebeckerin ärgerlich. Sie selbst hat keinen Garten, genießt aber in den Sommermonaten die Gemeinschaft mit Freunden im Grünen und freut sich, wenn dann auch ein Radio oder Fernseher läuft. "Ich verstehe nicht, dass man die Regelungen jetzt so treffen will. Ein Gerät kann nur in Betrieb sein - das zu Hause oder das in der Laube!"

Die neue Regelung, so Elke Lindemann, verkenne nicht nur Realitäten, sondern gehe auch zu Lasten der Bürger im Osten mit ihrem traditionell gewachsenen Kleingarten- und Laubenwesen. Elke Lindemann kritisiert nicht nur "aus dem Bach heraus": Die Schönebeckerin war zwölf Jahre lang Mitglied des Landtages von Sachsen-Anhalt: "Die Abgeordneten müssen sich bewusst machen, wie und für wen sie etwas beschließen." Im Rahmen der Beschlussfindung habe man nicht mit den Leuten gesprochen, kaum auf die Dachverbände des Kleingartenwesens gehört - "man kann so ein Gesetz nicht einfach durchziehen, ohne die Konsequenzen für die breite Bevölkerung abzuwägen." Elke Lindemann appelliert an die politisch Verantwortlichen, sich des Themas noch einmal grundlegend anzunehmen.

Den allgemeinen Ärger teilen die Kleingärtner der Region Schönebeck. Der Regionalverband der Gartenfreunde will jetzt Tatsachen schaffen - in Form eines Protestschreibens. "Wir hoffen, damit zu erreichen, dass noch vor 2013 eine Novellierung dieser Regelung kommen wird", sagt Siegfried Kliematz, Vorstandsmitglied und Fachberater des Verbandes. Er geht fest davon aus, "dass der Plan so nicht bleiben wird". Und er betont mit einem einfachen Argument: "Die Lauben im Kleingarten sind keine Haushalte, das ist ein Widerspruch in sich der neuen Regelung."

Viele Kleingärtner haben ihre Kündigung angekündigt

Dabei bezieht er sich auf das Bundeskleingartengesetz. Nach Paragraf 3 dürfe demnach eine Gartenlaube nach ihrer Beschaffenheit, insbesondere nach ihrer Ausstattung und Einrichtung, nicht zum dauernden Wohnen geeignet sein. Dass nun auf einmal die Laubengröße als Kriterium angeführt wird, sehen die Mitglieder des Verbandes der Kleingärtner in Schönebeck und Umgebung deshalb als absurd an. Bedenklich vor allem: Circa 60 Prozent der rund 5000 Kleingärten im Verband wären von den Plänen, für Lauben GEZ-Gebühren zu zahlen, betroffen.

"Zu DDR-Zeiten haben Enteignete, Vertriebene und Kinderreiche sich größere Lauben bauen dürfen", erklärt Siegfried Kliematz. Es sei grundsätzlich so, dass viele Lauben aus dieser Zeit mehr als 30 Quadratmeter messen. Dass diese Bauten, auch wenn sie mehr als 24 Quadratmeter zählen, keinem Haushalt ähneln, begründet er allein mit der Tatsache, dass "in vielen Kleingartenanlagen unseres Verbandes kein Trinkwasser vorhanden ist". Außerdem verfügen manche Anlagen nicht einmal über Stromversorgung, führt der Verband aus.

Den bereits genannten Widerspruch der Neuregelung sieht Kliematz auch mit dem Paragraf 9 des Bundeskleingartengesetztes erklärt. Demzufolge ist das dauernde Wohnen in der Kleingartenlaube ein Kündigungsgrund. "Dauerndes Führen eines Haushaltes in der Laube wird jedoch entsprechend des Staatsvertrages als gegeben angenommen", sagt Verbandsvorsitzende Karin Libbe. "Diese Logik kann nicht nachvollzogen werden", macht sie ihrem und dem Unmut der Kleingärtner in Schönebeck und Umgebung deutlich.

Deshalb hat der Vorstand des Verbandes gestern während seiner Gesamtvorstandssitzung ein Protestschreiben verfasst, das heute an alle Landtagsfraktionen und den Präsidenten des Landesverbandes der Kleingärtner geschickt wird. Darin formulieren sie ihre Sorge ganz klar: "Das bedeutet das Aus für viele Kleingartenanlagen." Den Schönebecker Verbandsmitgliedern nach haben bereits etliche Kleingärtner die Kündigung des Pachtverhältnisses angekündigt, wenn "für den Besitz einer Gartenlaube von mehr als 24 Quadratmeter Fläche Rundfunkgebühren zu zahlen sind". Damit würde sich der Leerstand unweigerlich erhöhen.

Der Verband, der 81 Vereine unter seinem Dach vereint, beendet sein Schreiben daher mit einer klaren Aufforderung: "Der Verband fordert eine Ergänzung des Staatsvertrages bis zum Ende des Jahres 2012, bei der für Gartenlauben, egal welcher Größe und Beschaffenheit keine Rundfunkgebühren erhoben werden."