Ergebnisse der Grabungen im Zuge der Lödderitzer Deichtrasse sind in Köthen zu sehen Archäologe: "Nur den Waldhof hätte jede Räuberbande leicht platt machen können"
"Archäologie auf der Deichtrasse - die Ausgrabungen im Vorfeld der Deichrückverlegung im Lödderitzer Forst", heißt eine Sonderausstellung im Schloss Köthen.
Lödderitz/Köthen l "Das Ergebnis ist schlichtweg sensationell", strahlt Dr. Dietlind Paddenberg. Die Archäologin zeigt mit dem Finger auf eine brandneue Laserscan-Luftaufnahme aus der Nähe des Goldberger Sees. Sie zeigt ein quaderförmiges Rechteck, dessen Linien Gräben und Wälle erkennen lassen. Die Mitarbeiter des Archäologischen Landesamtes Halle durften dieses Areal gerade mal auf einer Fläche von nicht mal zehn Prozent untersuchen, da nur dort gegraben werden darf, "wo etwas zerstört wird". Hier wird sich das Fundament des neuen Deiches in den Boden eingraben.
Beim Laserscan wird jegliche Vegetation ignoriert und werden nur Bodenstrukturen deutlich gemacht. Hier befand sich einer von fünf Fundplätzen auf der Deichbautrasse zwischen Aken und Breitenhagen. Nachgewiesen wurde die Ortschaft "Goldberg" (ursprünglich "Goleberg"), die dem nahen Elbe-Altarm heute seinen Namen gibt. Der Zuchauer Germanist Dr. Jörn Weinert hatte bereits vor elf Jahren das Dorf am Goldberger See vermutet, was durch die Archäologen des Landesamtes Halle nun bestätigt wurde.
Söldner brannten Dorf nieder
"Bereits 2000 war man durch Luftbildaufnahmen auf ein Grabensystem aufmerksam geworden, das in die späte Eisenzeit etwa 500 vor Christus datiert wurde", sagt Dietlind Paddenberg. Die jetzigen Ergebnisse liefern ein völlig neues Bild. Tatsächlich wurde ein Gehöft um 1300 errichtet und im ersten Drittel des 17. Jahrhunderts gewaltsam zerstört. In dieser Zeit tobte der Dreißigjährige Krieg. Die Archäologen fanden eine massive Brandschicht über den Mauerfundamenten und zwei steinerne Kanonenkugeln.
Vor der Laserscan-Aufnahme musste man von einem einzel stehenden Waldhof ausgehen. "Wir haben uns gefragt, warum man Artillerie einsetzte, um den platt zu machen. Das hätte jede Räuberbande gekonnt", erinnerte sich Archäologe Winfried Thoma. Vermutlich waren es die Schweden, die nach dem Prinzip der "verbrannten Erde" ganz Goleberg und das Gehöft plünderten und dann brandschatzten. "Dass sich die Plünderung gelohnt haben dürfte, lassen verschiedene Fundstücke vermuten, die auf einstmals gehobenes Inventar hinweisen", betont Dietlind Paddenberg. Fragmente von Fensterglas, aufwändig verzierte Ofenkacheln sowie Schloss und Riegel fand man im Brandschutt.
Man ist sich ziemlich sicher, dass nicht nur das Gehöft am östlichen Randbereich von Goleberg, sondern das gesamte Dorf von den Söldnern zerstört wurde. Bemerkenswert ist, dass die Menschen nicht wieder kamen, um es aufzubauen. Goleberg wurde vergessen, von der Natur zurückerobert. "Wir haben ein kleines Rätsel gelöst und ein viel größeres angesprochen", zog die Grabungsleiterin ihr Fazit. Gemeint ist die nicht untersuchte Fläche, die nach knapp 400-jähriger Unberührtheit einige Geheimnisse Preis geben könnte.
Auf der schmalen Deichtrasse wurden die Archäologen an fünf Stellen fündig. Neben Goleberg wurden hölzerne Brückenfunde eines historischen Postweges, ein Gefäßdepot mit Siedlung bei Obselau oder eine Raseneisenerz-Sammlung (zur späteren Eisenverhüttung) unweit von Lödderitz ausgegraben. Dr. Hans-Werner Uhlmann, Vize-Chef des Landesbetriebes für Hochwasserschutz und Wasserwirtschaft (LHW) kann sich deswegen gut einen "Archäologischen Themenweg" vorstellen, der nach Abschluss der Arbeiten 2018 Spaziergänger und Radtouristen über die geschichtsträchtige Gegend informiert. Denn dort verläuft dann wieder der Elberadweg, der gegenwärtig umgeleitet wird. Die Stadt Barby, so Hans-Werner Uhlmann, müsste den Deichweg allerdings widmen, also in ihre rechtliche Verantwortung übernehmen.
Barbys Bauamtsleiter Holger Goldschmidt, der ebenfalls zu den Ausstellungsgästen zählte, hob die Augenbrauen: "Wir hätten dann ja auch die Verkehrssicherungspflicht. Wenn die Widmung mit Kosten verbunden ist, brauchen wir uns bis 2020 nicht darüber zu unterhalten." Denn erst ab dann soll der marode Barbyer Haushalt wieder auf massiveren Füßen stehen.
Ort: Prähistorische Sammlung im Ferdinandsbau des Schloss Köthen, Öffnungszeiten dienstags bis sonntags 10 bis 17 Uhr