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Stationsschwester der Inneren Klinik in Bad Salzelmen bildet sich zur Lungen-Expertin weiter Der erste Atemzug auf dem Weg zum Therapiezentrum

Von Ulrich Meinhard 12.03.2010, 05:52

Schönebeck-Bad Salzelmen. Es scheint so selbstverständlich und ist doch fast ein Wunder : Zwanzigmal atmet ein Mensch pro Minute, 30 000 Male am Tag. Hochgerechnet auf ein Jahr kommen elf Millionen Atemzüge zusammen. Der Atem gilt als Brücke zwischen Körper, Geist und Seele. Ein Mensch atmet, wie er lebt, heißt es. Spätestens wenn das so Selbstverständliche nicht mehr wie selbstverständlich funktioniert, hat der Betroffene ein grundlegendes Problem. In den USA und der Schweiz gehört der Beruf des Atmungstherapeuten seit Jahren zum anerkannten Spektrum in der medizinischen Versorgung. Die erste Atmungstherapeutin Sachsen-Anhalts kommt aus dem Klinikum Schönebeck- Bad Salzelmen.

" Wir verzeichnen eine Zunahme von Atemwegserkrankungen. Darauf wollen und müssen wir reagieren ", begründet der Chefarzt der Inneren Klinik, Michael Groß, die Qualifizierung einer langjährigen Mitarbeiterin. Yvonne Neutsch ist bereits seit ihrer Ausbildung zur Krankenschwester am Schönebecker Klinikum tätig. Am 26. Februar hat sie nach einer zweijährigen und wie sie sagt sehr intensiven berufsbegleitenden Ausbildung in verschiedenen Fachkliniken landauf und landab die letzte der Prüfungen abgelegt, die sie zur " Atmungstherapeutin " qualifiziert. " Oh ja ", sagt sie auf die entsprechende Frage : " Ich habe an diesem Tag aufgeatmet. Ganz gewaltig sogar. " Ihr Wissen bezieht sich auf alles, was die Lunge betrifft. " Mein Abschluss erlaubt mir bestimmte Arbeitsschritte auszuführen, die eigentlich Ärzten vorbehalten sind ", erläutert die 41-Jährige. So darf sie etwa Röntgenbilder befunden ( also auswerten ), das Atemvolumen eines Patienten sowie Sprays austesten, Therapien anbieten und Beatmungsgeräte selbständig einstellen. Ihre Qualifikation erlaubt der Mutter eines Sohnes weiterhin, Patienten zu beraten und medizinisches Personal zu schulen.

Mit ihrem Wissen könnte sie sich als selbständige Therapeutin niederlassen. Auf dem Weg zur Etablierung eines Atemtherapiezentrums in der Inneren Klinik ist Yvonne Neutsch sozusagen der erste Atemzug. Noch einmal Michael Groß : " Ein Ziel ist es, mit diesem Zentrum Patienten eine Anlaufund Beratungsstelle anzubieten. Frau Neutsch fungiert bei uns im Haus quasi als Bindeglied zwischen den Ärzten und den Schwestern. "

Auf die Frage nach der Ursache von Störungen und Erkrankungen der Atemwege sagt die frischgebackene Expertin : " Zumeist führt eine Schwäche der Muskulatur zu Atembeschwerden. Deshalb möchte ich auch gerne Sportgruppen ins Leben rufen. Ausdauer- und Rückentraining zum Beispiel beugt Erkrankungen der Atemwege vor. " Vorrangiges Anliegen müsse es sein, Patienten so schnell wie möglich ein normales oder zumindest selbstbestimmtes Leben zu ermöglichen. Eine Hauptursache für Erkrankungen von Lunge und Bronchien sei das Rauchen, so Yvonne Neutsch. Sie erläutert detailliert, welche Auswirkungen Nikotin, Teer und andere in Zigaretten enthaltenen Giftstoffe auf den menschlichen Organismus haben können. Der eingeatmete Teer etwa zerstöre die Flimmerhärchen in den Atmungsorganen. " Die Lunge eines Rauchers wird mit der Zeit immer größer, doch die zur Verfügung stehende Gasaustauschfläche schrumpft. Das größte Problem der Betroffenen ist es, nicht abhusten zu können. Beim Husten wird fast Schallgeschwindigkeit erreicht, aber bei einer Atemschwäche funktioniert das nicht mehr ", erklärt sie. Es gebe aber verschiedene Hustentechniken, sogar Hustenmaschinen, die eine Absonderung aus Lunge und Bronchien ermöglichen. Bemerkenswert : Eine Rückkehr zur einstigen Lungenkapazität vor der Raucher-Karriere ist nicht möglich. Allenfalls lässt sich mit dem Verzicht auf die Zigarette eine Verschlimmerung verhindern. In speziellen Patientenkursen will sie dieses Wissen vermitteln. Auch eine Raucherentwöhnungsgruppe will sie leiten. Die von der Werbung so gern angepriesenen Nikotinpflaster allein seien nicht ausreichend. " Wichtig ist hier auch eine psychologische Betreuung ", meint Yvonne Neutsch. Grundsätzlich ist sie der Ansicht, dass mehr Prävention in punkto Atmung den Krankenkassen viel Geld sparen würde. Und raucht Sachsen-Anhalts erste Atmungstherapeutin eigentlich selbst ? " Nein ", versichert Yvonne Neutsch, " das habe ich mir abgewöhnt. "