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Von Nora Knappe 02.04.2011, 06:32

*Herzlich willkommen im Japanisch-Sprachkurs: Diesen Gruß hat Sayako Ikeda für die Volksstimme aufgeschrieben und lädt damit zu ihrem Japanisch-Sprachkurs in der Volkshochschule ein. Die 26-Jährige ist seit März in Stendal und liebt deutsches Essen.

Stendal. "Ich brauche nicht unbedingt japanisches Essen. Teewurst, Rote Grütze und Brot würden mir reichen." Sayako Ikeda lacht. Sie liebt deutsches Essen – und ihren deutschen Freund, der wiederum das japanische Essen liebt, weshalb sie wiederum eben doch ab und an japanisch kocht.

Überhaupt kommt Sayako Ikeda ganz oft aufs Essen ihrer Heimat zu sprechen. Nach den Besonderheiten Japans gefragt, fällt ihr zuerst die nationale Küche ein. Um die geht es schließlich auch bei zweien ihrer Kurse, die sie an der Stendaler Volkshochschule gibt. Der Sushi-Kochkurs ist leider schon ausgebucht, aber für die "Japanischen Hausgerichte" sind noch Plätze frei (siehe Infokasten).

Erstmals bietet die Volkshochschule jetzt neben zwölf anderen Fremdsprachen auch einen Japanisch-Sprachkurs an. "Wir freuen uns sehr, dass wir dafür Frau Ikeda als Muttersprachlerin gewinnen konnten", sagt VHS-Leiterin Joanna Sannemann. Das trifft auch ganz die beruflichen Visionen der jungen Japanerin. Die 26-Jährige, die Internationale Kommunikation mit dem Schwerpunkt Deutsch studiert hat, möchte dauerhaft als Japanisch-Lehrerin arbeiten, später gern auch als Dozentin an einer Universität. Ihren Sprachschülern macht sie Mut: "Die Grammatik ist vielleicht schwer, aber dafür die Aussprache nicht so kompliziert." Die Kursteilnehmer werden das Hiragana lernen, eines von drei "Alphabeten" (in der Überschrift die geschwungenen Zeichen rechts).

Sayako Ikeda ist seit Mitte März in Stendal, und sie will hier gern heimisch werden. Die Hansestadt ist ihr nicht fremd, war sie doch schon zwei Semester Austauschstudentin an der Hochschule. Und hier hat sie sich in Markus verliebt, mit dem sie dann vier Jahre eine Fernbeziehung zwischen Japan und Deutschland führte. "Und jetzt hatte ich die Chance, endlich wieder herzukommen", sagt Frau Ikeda.

Das war Mitte März, eine Woche nach dem verheerenden Erdbeben und der Havarie im Atomkraftwerk. "Ich kann noch immer gar nicht glauben, dass so eine große Katastrophe in Japan passiert ist. Diese Szenen, die ich im Internet und Fernsehen gesehen habe, werde ich nicht vergessen. Wie soll es weitergehen, die Städte dort und die Wirtschaft sind kaputt." Sie mache sich Sorgen, "wie jeder Japaner". Und ist gleichzeitig dankbar für all die Hilfe. "Dass auch so viele Deutsche für Japan spenden wollen, finde ich überwältigend."

Ihr Glück: Sayako Ikedas Familie lebt in Japans Süden, auf der Insel Kyushu. Zum Zeitpunkt des Unglücks war zwar eine Cousine in Fukushima, aber nicht in Küstennähe. Sorgen um ihre Verwandten und Bekannten braucht sie sich also nicht zu machen.

Die Inseln, die Küstenstädte, die Berge – all das sind auch Schönheiten Japans, die es sich anzuschauen lohnt. "Hokkaido im Norden ist eine schöne Landschaft", sagt Sayako Ikeda. "Und den Fujisan muss man gesehen haben, aber auch Kyoto, eine traditionelle Stadt mit vielen Tempeln." Die Besonderheiten Japans trägt die junge Frau im Herzen. Die Traditionen, die Disziplin. "Mit unserem Fleiß und der Pünktlichkeit, da sind wir den Deutschen sehr ähnlich." Aber sie habe auch schon gelernt, etwas unjapanischer zu sein. "Bei uns sagt man nicht immer, was man denkt. Wir sind schüchterner und zurückhaltender, das ist unsere Erziehung." Am Anfang hatte sie ihre Probleme damit, ihre Meinung zu sagen. Aber inzwischen traut sie sich das. Und dass sie deutsches Essen mag, ist keine Schmeichelei, sondern ganz so gemeint wie gesagt.