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Prozess gegen Ex-Insassen des Maßregelvollzugs wegen Kinderpornos Auch Comics sind strafrelevant

Von Wolfgang Biermann 15.11.2012, 01:11

Stendal l Dritter Verhandlungstag im Prozess vor dem Landgericht Stendal um den Besitz von 1578 Kinderpornos als Bilddateien auf USB-Sticks, Festplatten sowie DVD und CD im Maßregelvollzug Uchtspringe: Zwei Zeugen waren gestern geladen, eine Ärztin aus dem Maßregelvollzug sowie ein leitender Beamter des Landeskriminalamtes, der schon einmal als Zeuge zur Auswertung der bei Durchsuchungen im November 2008 gefundenen Datenträger ausgesagt hatte.

Beide Zeugen verließen allerdings unverrichteter Dinge das Landgericht wieder. Sie sollen zu einem späteren Zeitpunkt gehört werden. Grund dafür war, dass der Verteidiger des 36 Jahre alten Angeklagten Einsicht in eine sogenannte Beiakte von der Staatsanwaltschaft Halle einforderte. Es handelt sich um die Akte eines wegen Besitzes von Kinderpornografie verurteilten ehemaligen Patienten aus Uchtspringe. Federführend für derartige Ermittlungen in Sachsen-Anhalt ist die Zentralstelle zur Bekämpfung von Kinderpornografie in Halle. Oberstaatsanwalt Peter Vogt galt bis zu seinem Rücktritt im Jahr 2009 als einer besten Kinderporno-Ermittler Deutschlands. In seinen Zuständigkeitsbereich fiel auch der massenhafte Fund von Kinderpornos im Maßregelvollzug Uchtspringe. Vogt führte in diesem Zusammenhang auch zwei Prozesse vor dem Landgericht Stendal.

In Amtshilfe für die Zentralstelle Halle als Anklageverfasser hat die Staatsanwaltschaft Stendal einen Staatsanwalt in das jetzige Verfahren entsandt. Wie berichtet wirft die Anklage dem 36-Jährigen Ex-Insassen, der nunmehr in Nordrhein-Westfalen lebt, zum einen vor, "echte" Kinderpornos als Video oder Bilddatei besessen zu haben. Unter anderem zwei Videosequenzen, auf denen Mädchen unter 14 Jahren aufreizend posieren, wie der LKA-Beamte als Zeuge am 7.November ausgesagt hatte. Zum anderen sind laut Anklage auch virtuelle Kinderpornos auf Datenträgern festgestellt worden, also gezeichnete oder computergenerierte Bilder. Der Einwand des Verteidigers, dass es sich dabei um erlaubte japanische Comics ("Mangas") handele, wurde von der Staatsanwaltschaft zurückgewiesen.

Vielmehr seien das eindeutig "strafrelevante" Bilddateien. Daran, dem Angeklagten die 1578 Bilddateien beweiskräftig zuzuordnen, krankt vier Jahre nach deren Auffinden der Prozess. Die Staatsanwaltschaft gab sich indes gestern außerhalb der Verhandlung optimistisch, dieses Ziel zu erreichen. Dazu beitragen könne auch eine Datenträger-Inventarliste, die die Klinikleitung nach einer hausinternen Razzia 2008 hat erstellen lassen und die jetzt dem Gericht vorliegt.