1. Startseite
  2. >
  3. Lokal
  4. >
  5. Nachrichten Wernigerode
  6. >
  7. Investor: Stadt verschläft ihre Chancen

Matthias Braun wollte Millionen in Schierke investieren und hat bis heute kein Grundstück Investor: Stadt verschläft ihre Chancen

Von Julia Bruns 20.07.2013, 03:15

"Schierke hat unheimlich viel Charme und Potenzial", ist Matthias Braun überzeugt. Der Filmproduzent aus Schleswig-Holstein betreibt bereits mehrere Ferienhäuser in dem Brockenort und wollte weiter investieren - allerdings geht es ihm nicht schnell genug.

Wernigerode/Schierke l Schierke attraktiver gestalten, um Investoren in den Ort zu locken - das ist das Ziel der Mitarbeiter im Wernigeröder Rathaus. Um dem Brockenort eine Perspektive zu geben, wurde zunächst ein Ortsentwicklungskonzept verfasst, dann Brücken gebaut, die Sandbrinkstraße begonnen und ein Parkhaus geplant. "Wir sehen Schierke als einen Teil von Wernigerode, von dem auch die Kernstadt profitieren wird", sagt Wirtschaftsförderer Ralf Quednau. "Momentan schaffen wir die Rahmenbedingungen für Investoren."

Ein solcher Investor ist Matthias Braun. Ihm gehören bereits vier Ferienhäuser in Schierke - "auf hohem Niveau, mit Sauna und Kamin", wie er sagt. Er freut sich über die ständig ausgebuchten Unterkünfte, in die er eine Million Euro investiert hat. Knapp 10000Euro pro Jahr, so hat er errechnet, verdient die Stadtverwaltung an der Kurtaxe, die seine Gäste für Übernachtungen zahlen. "Vor fünf Jahren habe ich mich in diesen Ort verliebt. Schierke hat unheimlich viel Charme und Potenzial", schwärmt Braun, der weitere fünf Millionen Euro in touristische Projekte investieren wollte.

So schwebte dem 48-Jährigen vor, eine "Adventure Golf"-Anlage mit 2000 Quadratmeter Naturrasen im Kurpark direkt an der künftigen Promenade zu eröffnen.

Ein Angebot, das sich vor allem an Familien richten sollte. "Vor drei Jahren habe ich mein Projekt im Wernigeröder Rathaus vorgestellt", berichtet er. "Erst zeigten alle großes Interesse, aber dann wurde das Projekt im Ortsentwicklungskonzept an einen viel weniger interessanten Ort verlegt."

Laut Dieter Nadler, Chef der Stadtplanung, sei der Erlebnis-Golf-Platz im Ortsentwicklungskonzept im Kurpark nicht vorgesehen gewesen. "Wir haben auch schon eine Anfrage für einen Kletterpark in Schierke ablehnen müssen. Dieser sollte über die künftige Sandbrinkstraße verlaufen", erinnert er sich. "Das war auch nicht möglich."

Das Golf-Projekt hat sich für den Selbstständigen ohnehin erledigt. Denn, so Braun: "In Braunlage wurde im vergangenen Jahr genau so ein Platz eröffnet, wie ich ihn geplant hatte. Schierke hat diese Chance verschlafen."

Zeitgleich plante der Geschäftsmann, einen großen Ferienhaus-Park gemeinsam mit einem befreundeten Investor zu bauen. Deshalb stand er in ständigem Kontakt mit Dieter Nadler, besichtigte mit ihm mögliche Standorte in Schierke. Brauns Wunsch: Die Anlage sollte auf dem Grundstück des einstigen Hotels "Wurmbergblick" zwischen Hagenstraße und Alter Dorfstraße entstehen. "Die Häuser könnten in die Natur integriert werden, ohne dass die natürliche Umgebung wesentlich verändert würde", erklärt er.

Die Fläche selbst gehört der Kommune, doch Grundstücke wie dieses sind in Schierke rar - die Stadtverwaltung hat deshalb speziell mit dem "Wurmbergblick" Großes vor. "Man wünscht sich einen Hotelinvestor für diese Fläche", weiß Braun aus Gesprächen mit Dieter Nadler und Peter Gaffert (parteilos). "Der Oberbürgermeister hatte mir dennoch 2010 in einem Gespräch versichert, dass wir uns wieder über den Ferienhaus-Park unterhalten, falls es nach einem Jahr Frist noch keinen Hotelinvestor für das Grundstück gibt."

Einen Investor gebe es Braun zufolge bis heute nicht. "Aus unserem Treffen ist leider auch nichts geworden, und mittlerweile sind drei Jahre vergangen." Sein Geschäftspartner und er haben sich anderweitig umgesehen. Braun: "Er hat sich nach Ilsenburg orientiert und ich habe ein Projekt in Travemünde in Aussicht. Es ist wirklich schade, dass die Verantwortlichen in Wernigerode solche Vorhaben für Schierke nicht unterstützen", kritisiert er. "Schon wieder hat die Wernigeröder Verwaltung eine Chance verschlafen."

"Vielleicht haben wir das verschlafen und vielleicht sind wir in diesem Fall die Spielverderber, aber wir können nicht voreilig entscheiden, wenn die Rahmenbedingungen nicht erfüllt sind", sagt Ralf Quednau. Das Grundstück am "Wurmbergblick" sei mittlerweile durchaus begehrt von Hotelinvestoren, sagt Quednau: "Wir führen sehr ernsthafte Gespräche."

Dass Matthias Braun bis dato kein geeignetes Grundstück gefunden habe, liege vor allem an der geringen Auswahl an verfügbaren Flächen. "Schierke ist aufgrund seiner Lage und Topografie flächenmäßig beschränkt", so Stadtplaner Dieter Nadler. "Punktuell und sehr überschaubar" verfüge die Stadt zwar über Baulücken, diese seien jedoch auch für Einfamilienhäuser vorgesehen. Matthias Braun müsse versuchen, selbst Flächen zu finden und den Besitzern abzukaufen. Doch, so Braun: "Die Grundstückspreise in Schierke sind seit Bekanntwerden der Entwicklungspläne in die Höhe geschossen und mir zu teuer."

Er kann nicht verstehen, warum die Mitarbeiter im Rathaus Investoren wie ihn ziehen lassen. "Der Aufbau alter oder der Bau neuer Hotels soll dafür sorgen, dass Touristen in den Ort kommen. Konzepte für die Ansiedlung von Geschäften für Touristen oder für die Steigerung der touristischen Attraktivität sind nicht vorhanden." Ralf Quednau hält dagegen: "Das Ganzjahreserlebnisgebiet am Winterberg, der Musikpavillon und das Natureisstadion sind eben solche Projekte, die sich an Investoren richten und die Attraktivität des Ortes steigern."

Einen Hoffnungsschimmer gibt es übrigens noch für Matthias Braun. Die Stadtverwaltung will bei einer Zwangsversteigerung versuchen, das Hotel "Heinrich Heine" (in Privatbesitz) zu erwerben. "Auf dieser Fläche gäbe es die Möglichkeit für Herrn Brauns Ferienhäuser", so Nadler.