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Ausschussmitglieder diskutieren über die Zukunft des einstigen Schierker Vorzeigeobjektes Legendäres Heine-Hotel ist Opfer der Zeit

Seit 13 Jahren steht das Hotel "Heinrich Heine" in Schierke leer, seit
wenigen Wochen gehört es der Stadtverwaltung. Über die Zukunft des
einstigen Vorzeigeobjektes diskutierten Wernigerodes Politiker beim
jüngsten Schierke-Ausschuss.

Von Ivonne Sielaff 22.10.2013, 03:11

Wernigerode/Schierke l Türen und Fenster sind mit Holzbrettern vernagelt. Kein Fünkchen Licht dringt in die untere Etage des Gebäudes. Die Tapete schält sich von den Wänden. Decken sind eingestürzt. Es riecht nach Nässe und Schimmel. Wo einst Urlauber auf gemütlichen Sesseln entspannten, liegen Glasscherben und Berge von Schutt. Das legendäre Hotel "Heinrich Heine" zerfällt vor den Augen der Schierker.

Seit 1995 steht das einstige Vorzeigeobjekt leer. Die Besitzer wechselten. Als Schierke 2009 eingemeindet wurde, konnte niemand mehr sagen, wem der Gebäudekomplex gehört. "Wir haben drei Jahre gebraucht, um das herauszufinden", sagte Wernigerodes Oberbürgermeister Peter Gaffert (parteilos) im Schierke-Ausschuss. Ende Juli war es der Stadtverwaltung schließlich gelungen, die Ruine samt 25 000 Quadratmeter großem Grundstück für 144 850 Euro zu ersteigern. "Jetzt sind wir rechtmäßiger Besitzer und müssen uns kümmern", so Gaffert.

Mitarbeiter des Bauamtes haben das Gebäude in den letzten Wochen mehrfach besichtigt, zuletzt mit einem Experten für Statik. Trotz der vielen Bauschäden sei das Heine-Hotel für Schierke immer noch ortsprägend, so der Baudezernent. "Das Land hat deshalb ein großes Interesse daran, das Haus zu retten und alle Möglichkeiten zur Rekonstruktion zu nutzen." Deshalb wolle die Stadt ein statisches sowie ein Sicherungsgutachten in Auftrag geben. "Das Land hat uns dafür finanzielle Unterstützung signalisiert."

"Die Stadt hat das Grundstück damals gekauft, um es gewinnbringend wieder zu veräußern. Wenn notwendig auch in kleinen Parzellen", warf Wilfried Pöhlert (Linke) ein. "Wir sind jetzt Entscheidungsträger und nicht das Land", sagte Sabine Wetzel (Grüne). "Ehrlich gesagt, ich kriege Bauchschmerzen, wenn Wernigerode noch mehr finanzielle Belastungen schultern muss." Seit wann das Land so großes Interesse an dem Hotel habe, wollte Helmut Porsche (Haus Grund) wissen.

"Wenn wir noch zwei, drei Jahre warten, erübrigt sich das Reden." - Oberbürgermeister Peter Gaffert

"Das muss man in den Kontext der Gesamtentwicklung Schierkes stellen", so Peter Gaffert. "Diese wird zu großen Teilen vom Land gefördert." Ziel sei es einerseits, neue moderne Attraktionen zu schaffen, aber auf der anderen Seite ein Stück historische Identität des Brockenorts zu bewahren. "Wir können natürlich sagen, wir wollen das ¿Heine\' nicht, wir reißen es ab und bauen dort Ferienhäuser", so das Stadtoberhaupt. Interessenten dafür gebe es. "Aber wir haben eine gewisse städtebauliche Verantwortung. Wenn wir noch zwei, drei Jahre warten, erübrigt sich das Reden. Dann ist alles zusammengebrochen."

Schierkes Bürgermeisterin Christiane Hopstock (CDU) erinnerte an die Bedeutung des Hauses. "Das Heine-Hotel hat Schierkes Geschichte geschrieben, hat eine große Bedeutung für den Ort." In der Hotelbar "Dachsbau" würden noch Wandmalereien von Bert Heller existieren. Diese seien wie vieles andere in dem 115 Jahre alten Gebäude erhaltenswert. Roland Jung vom Schierker Ortschaftsrat: "Meine Frau hat im ¿Heine\' gearbeitet. Ich kenne es gut." Das Haus habe ein besonderes Flair gehabt. "Man dachte immer, gleich kommt Greta Garbo um die Ecke."

Wieviel die Gutachten kosten und was das Land dazu geben würde, fragten Thomas Schatz (Linke) und Siegfried Siegel (SPD). "Das lässt sich noch nicht sagen", sagte Burkhard Rudo. Auf Volksstimme-Nachfrage erklärte der Baudezernent: "Der Gutachter muss einen Kostenvoranschlag erstellen." Was die Reparatur des Daches betreffe, könne nicht auf das Gutachten gewartet werden. Der letzte Winter habe schwere Spuren hinterlassen, der nächste stehe vor der Tür. "Wir sind bereits mit Firmen im Gespräch. Erst wenn wir wissen, wieviel alles kostet, können wir beim Land Fördergeld beantragen", so Rudo. "Zuerst sollte das Dach notdürftig mit Planen oder Holzbrettern geflickt werden. Hauptsache, es regnet nicht mehr rein." Außerdem müsse durchgelüftet und der Schutt hinausgeräumt werden.

Auch im Bauausschuss hat Burkhard Rudo inzwischen zum Heine-Hotel informiert, die Ausschussmitglieder haben zur Eile beim Förderantrag und bei der Dachsicherung gemahnt. Zumal in Schierke der Winter eher beginne als im Flachland.