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Schürfgräben und Versuchsschächte zeugen noch heute von der letztlich erfolglosen Suche nach dem Bodenschatz Uran, Wismut, Wernigerode und Nationalpark Harz

Von Dr. Friedhart Knolle und Dieter Schultz 13.02.2014, 01:21

Uran, Wismut, Wernigerode und Nationalpark Harz - was haben diese Vier gemeinsam? Selbst erfahrene Harzkenner kommen da ins Grübeln.

Wernigerode l In Wernigerode wurde 1743 der Apotheker und Chemiker Martin Heinrich Klaproth geboren - der Entdecker des Urans. Sein Geburtshaus steht am Liebfrauenkirchhof 5.

Klaproth legte am 24. September 1789 das Ergebnis seiner Untersuchungen unter dem Titel "Uranit, ein neues Halbmetall" den Mitgliedern der Königlich Preußischen Akademie der Wissenschaften vor. Seinen 1789 geprägten Namen Uranit wandelte Klaproth später in Uranium um.

Im beginnenden Kalten Krieg, 160 Jahre nach diesem denkwürdigen Jahr, begann auch in der Umgebung von Klaproths Heimatstadt die Suche nach dem giftigen Schwermetall Uran. Die Sowjets brauchten es dringend für ihr Atombombenprojekt.

Im Bereich des Brockengranits begannen 1949 Uran-Prospektionsarbeiten der Sowjetischen Aktiengesellschaft (SAG) Wismut. Wobei der Name Wismut lediglich ein Tarnname war - es ging um Uran, aber das sollte nach außen nicht deutlich werden.

Bergbaugebiet Hasserode

Bereits in der Frühphase der Uranprospektion konzentrierte sich ein nicht unbeträchtlicher Erkundungsaufwand im Umfeld des Brockengranits im nordöstlichen Teil des Mittelharzer Ganggebiets. Zwischen 1948 und 1952 wurden an insgesamt 150 Lokalitäten unter strikter Geheimhaltung und bei harten Arbeitsbedingungen intensive Prospektions- und Bergbauaktivitäten ausgeführt, schwerpunktmäßig bei Wernigerode, Drei Annen-Hohne, Elend, Drübeck und Ilsenburg.

Auf den Spuren der Uransuche fahren wir von Wernigerode nach Südwesten durch das Drängetal in Richtung Schierke. Kurz nachdem wir den Ortsteil Hasserode verlassen haben, erreichen wir auf der rechten Seite das Lossen-Denkmal. Dort biegen wir nach rechts ab auf einen Wanderparkplatz. Dieser liegt ebenso wie das Denkmal unmittelbar am Naturkundlich-Geologischen Lehrpfad Hasserode. Wir befinden uns hier im historischen Hasseröder Bergbaurevier mit den Abbaugebieten Goslarsche Gleie, König Friedrich, Aufgeklärtes Glück und Silberner Mann. Im Rahmen des über 500 Jahre dauernden Bergbaus sind hier über 3500 Meter Stollen und Strecken entstanden.

Wir wandern vom Parkplatz auf dem Fußweg parallel zum Talbach Braunes Wasser bergauf. Schon bald erreichen wir das Stollenmundloch der Grube Aufgeklärtes Glück. Es liegt etwas versteckt hinter einer Halde, auf der eine alte Fichte mit imposanten Luftwurzeln wächst, und ist Zeugnis der intensiven bergbaulichen Nutzung des Thumkuhlentals, die wohl bereits um 1400 ihren Anfang nahm.

Später wurden hier gezielt Kobalterze (Hasseröder Blau) zur Herstellung blauer Farbe abgebaut. Ende des 18. Jahrhunderts vernichtete eine Hochwasserkatastrophe die gesamte Bergwerksanlage, darunter auch eine Wasserkunst. Weiter talaufwärts wurde Ende der 1990er Jahre eine funktionsfähige Wasserkunst im Rahmen eines Projektes zur Arbeitsbeschaffung nachgebaut. Die letzte Episode des Bergbaus im Thumkuhlental fiel in die Zeit des Kalten Krieges im 20. Jahrhundert - der Wismut-Versuchsbergbau auf Uran.

Spurenhafte Uranmineralisationen sind als mineralogische Seltenheiten in Sachsen-Anhalt spätestens seit dem Ende des 19. Jahrhunderts bekannt. Hierzu gehören zum Beispiel die sporadischen Funde auf den Mansfelder Rücken oder in den Kobalt-Erzgängen bei Hasserode. Im Rahmen des Uranhungers der Sowjetunion lag hier ein Schwerpunkt der Sucharbeiten der SAG Wismut.

Die bergmännischen Untersuchungen der zum Teil mächtigen Karbonspatgänge der Bi-Co-Ni-Formation im Thumkuhlental, die innerhalb kontaktmetamorpher Flinzablagerungen aufsetzen, erreichten ein relativ großes Ausmaß.

Die alten Baue wurden aufgewältigt und die höffigen Strukturen feldortmäßig auf zwei Sohlen untersucht. Darüber hinaus wurden zwei Schurfschächte abgeteuft. Dabei konnte im Bereich der ehemaligen Grube Aufgeklärtes Glück eine spurenhafte Uranvererzung nachgewiesen werden.

Doch sie erwies sich letztlich als nicht bauwürdige mineralogische Besonderheit. Die Schächte und Stollen wurden von 1996 bis 1998 wieder verwahrt - der Tagesstollen ist als Fledermaus-Winterquartier gesichert.

Drei Annen-Hohne

Auch bei Drei Annen-Hohne wurden von der SAG Wismut intensive Prospektionsarbeiten auf Uran ausgeführt. Zwischen Drei Annen-Hohne und Knaupsholz wurden im heutigen Nationalpark Harz zahlreiche Schürfgräben und zwölf Versuchsschächte angelegt, die eine Tiefe von bis zu knapp 50 Meter erreichten. Hier stand auch das Wismut-Sägewerk, aus dem die Bergbauaktivitäten mit Bau- und Grubenholz versorgt wurden - es befand sich auf dem nördlichen Teil des heutigen Großparkplatzes Drei Annen-Hohne.

Doch auch hier, am östlichen Rand des Brockengranits, fanden sich nur geringste Mengen von Uranmineralen. Der Brockengranit war einfach kein effektiver Uranlieferant - die Gehalte dieses Elements im Gestein waren und sind zu gering.

Insgesamt konnten die geringen Uranfunde bei Wernigerode keinen Beitrag zum Atomwaffenprogramm der Sowjetunion leisten - alle geologischen und bergmännischen Mühen waren umsonst, obwohl auch in späteren Jahrzehnten noch Nachfolgeuntersuchungen stattfanden. So blieb unsere Region von den negativen Auswirkungen des Uranbergbaus verschont - zum Glück für Natur und Tourismus.

Weil die Schächte in einem beliebten Wandergebiet lagen, zudem nahe der Gleisanlagen der Harzer Schmalspurbah-nen, stellten sie eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit dar. Daher veranlasste das Bergamt Staßfurt ihre Verwahrung. Die letzen Schächte wurden Ende der 1990er Jahre verschlossen.

Anmerkung der Redaktion: Friedhart Knolle ist von Hause aus Geologe. Dieter Schultz war Bergmann. Der Beitrag ist in der aktuellen Ausgabe der Zeitschrift Mein Harz erschienen.