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Finanzen in Wernigerode Schierke-Arena wiegt schwer

In der Sitzung des Schierke-Ausschusses ist am Montagabend eine hitzige Debatte entbrannt. Drei Stunden diskutierten die Mitglieder über Für und Wider des Schierker Eisstadions. Einige Lokalpolitiker sprachen von der schwierigsten Entscheidung, die der Stadtrat jemals treffen musste.

Von Julia Bruns 14.05.2014, 03:17

Wernigerode l "Wir verpflichten Wernigerode über viele Jahre zu hohen Krediten. Wie wollen wir das schultern?", fragt Sabine Wetzel (Grüne) im Schierke-Ausschuss. Schon zu Beginn der Sitzung ist die Stimmung in der Ratswaage an diesem Montagabend gereizt. Die Lehrerin ist sichtlich aufgebracht. Sie vermisse alternative Varianten für die Schierke-Arena und sie wolle sich zu keiner Entscheidung drängen lassen. "Ich bin kein Verhinderer, nur weil ich mit Investitionen kritisch umgehe. Ich habe es satt, am Ende immer diejenige zu sein, die Recht behält."

Das Gremium soll erstmalig eine Empfehlung an den Stadtrat abgeben: Wird in Schierke das 6,4 Millionen Euro teure Eisstadion gebraucht oder nicht? Der Schierke-Ausschuss befasst sich seit gut einem Jahr speziell mit den Bauprojekten im Brockenort. Deshalb gilt die Empfehlung des Gremiums als wegweisend für die Entscheidung, die der Stadtrat am Dienstag, 20.Mai, in einer Sondersitzung fällen soll.

Lars Krückeberg vom Architekturbüro Graft aus Berlin und der Bauingenieur Jörg Schlaich aus Stuttgart sind extra angereist, um ein letztes Mal für ihren Entwurf des Eisstadions mit schwebender Dachkonstruktion zu werben. "Schierke hat eine besondere Kraft des Naturschauspiels", beginnt Lars Krückeberg seine Ausführungen. "Man wird das Eisstadion im Tal des Ortes entdecken." Anhand eines Pappmodells verweist er auf die durchdachte Wegeführung zur Arena.

Er erklärt später auf Nachfrage, dass sein Büro für die Überarbeitung der Wege rund 30000Euro zusätzlich in Rechnung gestellt habe. Weitere 130000Euro müssten für die Entsorgung von Schlacke und Altlasten aus dem Boden eingeplant werden. Zudem grenze das Eisstadion direkt an ein Trinkwasserschutzgebiet. "Deshalb mussten die Funktionsgebäude weiter in den Hang versetzt werden." Die Kostensteigerung um 335000Euro habe sein Team überrascht, erklärt Krückeberg.

Dann ergreift Bauingenieur Jörg Schlaich das Wort. Er hat die Statik für mehr als 30 Stadien berechnet, darunter drei für die Fußball-WM in Brasilien. Das Dach in Schierke sei noch einmal überarbeitet worden. Die Kosten blieben identisch. Das Dach habe nun die Form eines gebogenen Tennisschlägers und die selbstreinigende Beschichtung gleiche der einer Teflonpfanne, erklärt er.

Sabine Wetzel interessiert der zu erwartende Baulärm. Anwohner hätten sie gebeten, nachzuhaken. "Es wird eine Rüttelmaschine eingesetzt, ein Bagger wird auch laut sein", sagt Jörg Schlaich. "Aber das Dach wird vormontiert geliefert. Dadurch ist es eine vergleichsweise leise Baustelle."

Wilfried Pöhlert empört sich über die erneuten Fragen von Sabine Wetzel. "Sie tun ja gerade so, als ob den Leuten mit dem Stadion Schaden zugefügt wird", sagt der Linke-Politiker. "Immer übertreiben Sie. Haben Sie jemals einen Vorschlag gemacht?" Pöhlert steht entschieden hinter dem Entwurf. Er könne sich sogar vorstellen, Schlittschuhlaufen im Sportunterricht anzubieten.

Sein Fraktionskollege Thomas Schatz verweist auf das Wirtschaftlichkeitsgutachten. Dort gehe man von 8000 Eisläufern pro Jahr aus. "Das sind 65 bis 70 Menschen pro Tag", rechnet er vor. "Ich verstehe nicht, wie man bei so einer überschaubaren Zahl ein Eisstadion in den Wald stampfen kann." Weder die Überdachung noch die Kunsteisfläche hält er für notwendig. "Wenn wir über Einsparmöglichkeiten reden, dann kann auf das Kunsteis verzichtet werden."

Roland Jung vom Schierker Ortschaftsrat widerspricht ihm. "Ohne Kunsteis bräuchte man tagelangen Dauerfrost und mehrere Mitarbeiter, die die Eisschicht herstellen. Damit verliert man an Planungssicherheit."

Rainer Schulze (SPD) hält das Dach gerade "für den Trick an der Sache". Er zieht Vergleiche zum Hundertwasserhaus. "Es ist das zweitmeistfotografierte Gebäude in Magdeburg nach dem Dom", so der Fraktionsvorsitzende. "Menschen werden nach Schierke fahren, um dieses Dach zu sehen. Solche Investitionen bringen uns weiter."

Die Fragen und Wortmeldungen nehmen kein Ende. "Was ist mit dem Konzept für die Sommernutzung?", will André Weber von der CDU-Fraktion wissen. Roman Müller, Mitarbeiter der Wernigerode Tourismus GmbH, verweist auf die Walpurgisfeier sowie verschiedene Konzerte.

Es ist kurz vor 21 Uhr. Der Hausmeister versorgt die Runde mit einem vollen Kasten Wasser. Michael Wiecker (CDU) ergreift das Wort. "Es ist eine Situation eingetreten, die ich mir so nie gewünscht habe", sagt er. "Wir wollen alle nicht, dass dieses Projekt abgelehnt wird. Deshalb bitte ich den Oberbürgermeister, in die Fraktionssitzungen zu kommen." Er sei von vielen Wernigerödern angesprochen worden, so der Gastronom. "Nicht einer war für die Arena. Es ist viel Angst bei den Menschen." Wiecker und sein Fraktionsvorsitzender Karl-Heinz Mänz sprechen von der schwierigsten Entscheidung ihrer Amtszeit.

Peter Gaffert betont am Ende der Debatte, dass Schierke einen überdachten Veranstaltungsort braucht - auch um die Attraktivität zu erhöhen. "Das Projekt hat Anziehungskraft. Wenn ein gutes Produkt da ist, dann kommen die Investoren", sagt der Oberbürgermeister. Dann entscheidet er, nicht über die Schierke-Arena abstimmen zu lassen. Die Mitglieder wirken erleichtert.

Die Empfehlung liegt nun beim Finanzausschuss am Donnerstag, 15. Mai, und beim Bauausschuss am Montag, 19. Mai.