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  7. Ironie des Schicksals: Oberbürgermeister Gaffert hat Schierke-Pläne einst abgelehnt

Ex-Nationalparkchef sieht sich trotz seines Sinneswandels nicht als Wendehals Ironie des Schicksals: Oberbürgermeister Gaffert hat Schierke-Pläne einst abgelehnt

Von Julia Angelov 08.09.2012, 03:19

In einem "Zeit"-Artikel von 1997 hat der ehemalige Nationalparkchef Peter Gaffert ein alpines Skigebiet am Schierker Winterberg abgelehnt. Heute treibt er als Oberbürgermeister Wernigerodes genau diese Pläne voran. Als politischen Wendehals sehe er sich aber nicht.

Wernigerode l "Die richtigen Alpinskiläufer fahren ohnehin nicht in den Harz, sondern in die Alpen", sagte der ehemalige Nationalparkleiter Peter Gaffert in einem Artikel, der vor 15 Jahren im Wochenmagazin "Die Zeit" erschienen war. Weiter hatte er in dem Beitrag erklärt: "Der Mensch sollte in seinem Drang, alles gestalten zu wollen, außen vor bleiben."

Der parteilose Oberbürgermeister Wernigerodes war damals noch entschieden gegen Investitionen am Schierker Winterberg, der zu diesem Zeitpunkt zum Nationalparkgebiet gehörte. Heute treibt er die Entwicklung Schierkes zu einem Touristen-Mekka federführend voran. Für 36 Millionen Euro sollen eine Ortsumgehung, Brücken, eine Flaniermeile, ein Parkhaus und eine alpine Skipiste mit Seilbahn in dem 600-Seelenort errichtet werden.

"Es ist wohl Ironie des Schicksals, dass ich als ehemaliger Nationalparkleiter heute in der Position bin, in Schierke etwas vorantreiben zu können", sagte Peter Gaffert gestern auf Nachfrage der Harzer Volksstimme. Als politischen Wendehals sehe er sich nicht: "Ich stehe heute noch zu meiner Aussage, dass Nationalparkgebiete unangetastet bleiben müssen - so wie der steilere Hang am Winterberg."

"Wenn man Ideen hat, wird man bekämpft."

Dass auch Mittelgebirge für Touristen ein attraktives Ziel darstellen, war ihm damals allerdings noch nicht bewusst. "Die Übernachtungszahlen in Schierke lagen 1997 noch bei 144000. Heute verzeichnen wir 250000 Übernachtungen. Der Harz ist ein Ziel für Kurzzeitreisen geworden", erklärte er.

Noch als Nationalparkleiter habe er 1998 angeregt, eine Fläche von 70 Hektar, zu der auch ein Teil des Winterbergs gehört, aus der Schutzzone herauszulösen, "um Schierke die Möglichkeit der Entwicklung zu geben". Dabei habe er da- rauf geachtet, dass keine "ökologisch wertvolle Fläche" für die Ortsentwicklung ausgewählt werde. Gaffert: "Im Gegenzug wurden 3000 Hektar zwischen Stapelburg und Ilsenburg in den Nationalpark eingegliedert."

Bereits in einer Ausschusssitzung hatte Stadratsmitglied Frank Diesener (Haus Grund) die Zitate Gafferts aus dem "Zeit"-Artikel vorgelesen und seiner Bestürzung über die widersprüchlichen Kommentare von damals und heute Luft verschafft. "Dass diese alten Aussagen von mir jetzt hervorgekramt werden, muss ich akzeptieren", so Gaffert. "Wenn man Ideen hat, wird man anfangs belächelt, dann bekämpft, und später freuen sich alle über die Ergebnisse."

Die Meinung der Wissenschaftlerin und Kritikerin von Kunstschneeproduktion Carmen de Jong, die vor dem Einsatz von Schneekanonen im Harz warnte, sieht er indes gelassen: "Sie hat innerhalb von drei Tagen ihr Urteil gefällt. Wir warten die Langzeit-Studien ab."

Ein Experten-Team unter Ralf Roth, Kölner Professor der Deutschen Sporthochschule, erarbeitet momentan drei Gutachten zu Flora, Fauna und Wasserhaushalt am neuen Winterberg-Skigebiet. "Sollte sich herausstellen, dass unsere Pläne zu stark in die Umwelt eingreifen, werden wir von ihnen abrücken", erklärte Gaffert.

Mit den ersten Ergebnisse über die Pflanzen- und Tierwelt wird im Oktober gerechnet.