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Bei einem Theaterprojekt lernen Schüler, wie Menschen wohlwollend miteinander umgehen Schüler phantasieren Konflikte weg

Von Gudrun Billowie 24.10.2014, 03:10

Die achten Klassen der Gutenberg-Schule beschäftigen sich in dieser Woche mit dem Thema Rassismus. Im Rahmen eines interaktiven Theaterprojektes werden sie ermutigt, bösen Geschichten ein gutes Ende zu geben.

Wolmirstedt l Die Akteure des "People Theaters" spielen der achten Klasse der Gutenberg-Schule folgende Szene vor: Der dunkelhäutige Ata ist in einer Getränkefirma auf der mittleren Leitungsebene beschäftigt. Das Geschäft mit den Energie-Drinks läuft schlecht. Blöd für Ata, denn er sieht die Chance auf seine Beförderung schwinden. Um seine Aussichten auf den besseren Posten dennoch zu retten, schiebt er die Verantwortung für den schlechten Absatz der Energie-Drinks auf die Kollegen, motzt und meckert, bis die sich eingeschüchtert davonstehlen. Als Atas Chef kommt und die Beförderung verwehren will, weil Ata wohl sein Geschäft nicht richtig verstehe, als Ausländer wohl gar nicht verstehen könne, hört das Theaterstück auf.

An dieser Stelle sind die Schüler der Gutenbergschule gefragt. Sie sollen Atas Geschichte anders erzählen, sodass am Ende niemand verschüchtert ist und wegen der Herkunft herablassend behandelt wird.

"Wir wollen die Schüler sensibilisieren, wollen ihnen nahe bringen, wie sich der andere fühlt, wenn ich ihn diskriminiere", sagt Pedram Aghadassi, der Moderator der "People`s Theater Show". Pedram Aghadassi fragt die Schüler, was sie an den Akteuren beobachtet haben und was sie darüber denken. Laura Brombach zum Beispiel wünscht sich, dass Ata sich bei seinen Mitarbeitern entschuldigen kann. Lukas Flade denkt, dass es gut wäre, wenn Ata nicht so ausflippen würde, sondern die Fehler erst mal bei sich sucht.

Pedram Aghadassi und die anderen Mitstreiter des "People Theaters" sind zufrieden mit den Antworten der Schüler, aber sie wollen noch mehr. Sie wollen Toleranz und den positiven Blick auf die Mitmenschen in den Herzen der Schüler ausprägen. Die Schüler sollen Ermutigung lernen.

Laura Brombach wagt das Experiment und geht vor die Tür. Ihre Mitschüler überlegen indessen unter der Anleitung der Theaterleute, wie sie Laura ermutigen können, vor der ganzen Klasse in das Stück einzusteigen und Atas Rolle zum Guten zu verändern. Um Laura ermutigen zu können, müssen sie sich über die positiven Eigenschaften ihrer Mitschülerin bewusst werden. Das fällt den Schülern nicht schwer.

Als Laura in das Klassenzimmer zurückkehrt und wieder im Kreis ihrer Mitschüler sitzt,hört sie, dass sie sehr mutig und geradlinig sei und dass ihre Freunde ihr zutrauen, die Rolle des Ata zu spielen. Laura freut sich sichtlich über die netten Worte und wagt sich schließlich vor ihrer Klasse mitten ins Stück. Sie lässt die Figur des Ata eine Entschuldigung sagen und findet auch für die anderen Konflikte ein gutes Ende.

Als Moderator Pedram Aghadassi die Gutenberg-Schülerin fragt, ob sie sich von ihren Mitschülern zum Spielen der Rolle ermutigt gefühlt habe, sagt sie ein deutliches Ja.

Die jungen Leute vom People`s Theater aus Offenbach gastieren die ganze Woche an der Gutenberg-Schule. Eigens dafür haben sie fünf Theaterstücke geschrieben, von denen jeden Tag eines aufgeführt wird. Es sind die Geschichten der Familie Schmidt-Demir, deren Mitglieder mehr oder weniger offenem Rassismus ausgesetzt sind, so wie Ata, der Familienvater. Doch die Theaterleute machen auch klar, dass Kränkungen generell weh tun. Pedram Aghadassi fragt: "Wer hat schon einmal erlebt, dass hinter seinem Rücken schlecht über ihn gesprochen wurde?" Alle Hände gehen hoch. Die Schüler erzählen von der Wut, die sie verspürt hatten, als ihnen das Gerede zu Ohren kam und von dem Gefühl, immer kleiner zu werden, wenn das öfter passiert.

Pedram Aghadassi sieht Lästern und üble Nachrede nah beieinander, auch wenn "Lästern" eigentlich harmlos klingt. "Es ist üble Nachrede", sagt Aghadassi, "und darin steckt das Wort übel. Das beschreibt den Vorgang sehr deutlich."

Der stellvertretende Schulleiter Peter Aschmann weiß wie sehr den Schülern das Projekt gefällt. "Besonders weil es mehrere Tage intensiv läuft und die Schüler dabei mit so vielen Arten von sozialen Kontakten konfrontiert werden."

Das Mitmachtheater wird im Rahmen des lokalen Aktionsplans Börde (LAP) aus dem Bundesprogramm "Toleranz fördern - Kompetenz stärken" gefördert.