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Bibliotheksnutzer ändern ihr Ausleihverhalten, die Bibliothek reagiert auf den Trend Zeitschriften sind inzwischen der Renner

Von Gudrun Billowie 05.01.2012, 05:18

In der Zeit von Google und Wikipedia hat sich auch das Ausleihverhalten der Bibliotheksnutzer geändert. Darauf reagieren die Hüterinnen des Wolmirstedter Büchertempels demnächst.

Wolmirstedt l "Nachschlagewerke werden kaum noch genutzt", stellt Bibliotheksleiterin Bastienne Schröter fest. Kein Wunder, genügen doch ein paar Klicks im Internet, um an die gewünschten Informationen zu gelangen. Viele Menschen können das von zu Hause aus tun, "aber es gibt auch Schüler und Erwachsene, die bei uns das Internet nutzen", so Bastienne Schröter. Doch damit ist der jetzige Bestand an Nachschlagewerken überdimensioniert. Ebenso fristen Videokassetten ein unbeachtetes Dasein. "Alles, was noch eine Nutzungserwartung hat, werden wir behalten", haben die Bibliothekarinnen beschlossen, "den Brockhaus zum Beispiel, alles andere werden wir aussortieren". Stattdessen soll im hinteren Raum eine separate Eltern-Kind-Bibliothek entstehen. "Wir stellen uns vor, dass dort Regale mit Bilderbüchern und Eltern-Ratgebern aufgebaut werden, womöglich noch ein Zweisitzer", plant Bastienne Schröter und blickt trotzdem skeptisch auf das Projekt. "Wir haben sehr wenig Platz zur Verfügung." Derzeit breiten sich kleine Leseratten hingebungsvoll zwischen den Regalen aus.

Das Platzproblem bedrückt die Leiterin schon seit Jahren. "Eigentlich möchten wir viel mehr Bücher frontal präsentieren, denn wir haben festgestellt, dass sie dann von den Lesern eher wahrgenommen werden, als wenn sie Rücken an Rücken im Regal stehen." Bei der Magazinserie "Zeit-Wissen" haben die Bibliothekarinnen diese Erfahrung besonders gemacht. "Wir legten sie breit aus, und plötzlich waren alle ausgeliehen", so Bastienne Schröter.

Nur leider ist das nicht mit allzuvielen Leseexemplaren möglich. Die Neuerwerbungen haben ein eigenes Regal zur Frontalpräsentation, aber beim Erstlesealter ist nicht mal Platz, nur ein einziges Buch in voller Schönheit zu zeigen.

Die Platzsituation lässt sich in dem ehemaligen Pferdestall auf der Schlossdomäne kaum lösen, dennoch können die Bibliothekarinnen einiges tun, um den Lesern das Auffinden von Büchern zu erleichtern. In der Fülle des Angebots entscheidet eine gute Orientierung oft über die Ausleihe von Büchern. "Wir müssen unbedingt unsere Beschilderung weiter verbessern", sieht sich die Bibliotheksleiterin kritisch zwischen den Regalen um. "An manchen Stellen haben wir schon neu sortiert. Beispielsweise unter dem Begriff ¿Körper und Seele\' finden die Leser Medizinratgeber, die alphabetisch nach den Krankheiten sortiert sind."

Die Zahl der Leser und der Entleihungen ist seit Jahren in etwa gleich. Über 13000 mal kommen Leser alljährlich in die Bibliothek und leihen sich um die 30000 Medien aus. Während der Ausleihtrend bei Sachliteratur rückläufig ist, so wird seit einiger Zeit verstärkt nach Zeitschriften gegriffen. Dabei stammen die Zeitschriften oft aus dem privaten Bestand der Bibliothekarinnen. "Jede von uns hat Zeitschriften abonniert, die sie dann den Lesern zur Verfügung stellt", sagt Bastienne Schröter. Und sie bemerkt auch lokale Trends. Seit Dr. Gisela Krohn in der Burgstraße ihre Textilwerkstatt betreibt, steigt die Nachfrage nach Patchwork-Zeitschriften.

Am Ende eines Jahres erstellen die Bibliothekarinnen eine Liste der am meisten entliehenen Exemplare. In der Sachliteratur hat es Thilo Sarrazins "Deutschland schafft sich ab" auf den ersten Platz geschafft. In der Belletristik sind Monika Peetz\' "Dienstagsfrauen" ganz oben. Jack Londons "Seewolf" ist der Hörbuch-Bestseller, und Jugendliche greifen am meisten zu dem Buch "Tote Mädchen lügen nicht" von Jay Asher.

"Der Besuch von Kindern und Jugendlichen in unserer Bibliothek ist leicht rückläufig", konstatiert Bastienne Schröter, "ich denke, das hängt mit den vielen gut ausgestatteten Schulbibliotheken zusammen." Die Bibliotheksleiterin bedauert es ein wenig, dass die eigentlich gut zu erreichende Stadtbibliothek dadurch an Zulauf verliert, und ist sich nicht sicher, ob die Verteilung der Landesmittel für Bücher somit richtig gewichtet ist. Andererseits weiß sie von Schülern, die aus bibliothekslosen Orten kommen und in Wolmirstedt eine Schule besuchen, dass sie oft einen Bus später nehmen, um auf der Schlossdomäne Lesefutter zu suchen.

Bei allen anstehenden Veränderungen hofft Bastienne Schröter auf die Hilfe des neu zu gründenden Fördervereins. (Volksstimme berichtete). Dafür werden noch Mitstreiter gesucht, und die können sich gerne in der Bibliothek melden, entweder persönlich oder unter der Telefonnummer (039201) 21335.