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Dollenser Peter Schmiedtchen erforscht den Isegrim - Dia-Vortrag in der Blauen Galerie Aufräumen mit Märchen vom bösen Wolf

Von Regina Malsch 05.03.2012, 04:26

In der Colbitz-Letzlinger Heide sind nach jüngsten Erkenntnissen Wölfe wieder heimisch geworden. Das ging aus einem Vortrag von Peter Schmiedtchen aus Dolle hervor, zu dem der Naturschutzbund (Nabu) in die Blaue Galerie eingeladen hatte.

Wolmirstedt l Wer glaubt noch an den Klapperstorch? Niemand, doch das Märchen vom "bösen Wolf" hält sich bis heute beharrlich. Dabei gibt es nach 150 Jahren heute die Chance, Isegrimm in Deutschland neu kennenzulernen. Aus dem Osten eingewanderte Wölfe leben seit mehr als zwölf Jahren in der Lausitz. Angriffe auf Menschen gab es nicht einen.

Auch in der Colbitz-Letzlinger Heide, also ganz in der Nähe, sind Wölfe nach jüngsten Erkenntnissen wieder heimisch geworden. "Wölfe sind sehr soziale Wesen und nutzbringend für das Ökosystem", sagte Peter Schmiedtchen aus Dolle zu Beginn eines sehr interessanten Dia-Vortrages, zu dem der Nabu in die Blaue Galerie eingeladen hatte. Ziel war, die Wölfe nicht als Gefahr zu sehen, sondern als großartige Bereicherung unserer Naturräume.

Schmiedtchen hat zu Wölfen eine besondere Beziehung, befasst sich seit über zehn Jahren mit den geheimnisvollen Vierbeinern. Der studierte Physiker arbeitet bei einer Firma für Sicherheitstechnik. 2010 hat er sein Herz endgültig an diese in Deutschland fast ausgestorbene Rasse verloren, als er drei Wochen in einem kleinen Dorf 400 Kilometer westlich von Moskau die Gesellschaft zum Schutz der Wölfe bei einem besonderem Projekt unterstützte. In Russland ist die Jagd auf Wölfe ganzjährig erlaubt. Es gibt dort einen Markt für Wolfswelpen, die von Jägern über das Internet angeboten werden. Gekauft werden sie von reichen Russen, die es als schick ansehen, einen Wolf im Haus zu halten. Das geht nur solange gut, wie Wölfchen ein niedliches Kuscheltier ist. Später gibt es Probleme, die mit Gift oder einer Kugel gelöst werden. Vladimir Bogola kauft Welpen auf, um ihnen solches Schicksal zu ersparen. Er versorgt sie, zieht sie groß und wildert sie später aus.

Als freiwilliger Helfer lebte der Peter Schmiedtchen drei Wochen lang in einer Waldhütte neben einem Wolfsgehege. "Eine graue Wölfin war schnell zutraulich, ließ sich nach kurzer Bekanntschaft streicheln", erzählte er und zeigte viele Bilder sowie einige Videos. Erstaunlich sei gewesen, dass drei ausgewilderte Wölfe, die die Graue adoptiert hatte, jeden Abend zum Gehege kamen und ihm bei seiner Arbeit bald auf Schritt und Tritt folgten. Schmiedtchen berichtete mit großer Hochachtung, dass es Vladimir Bogola gelungen ist, seit 1991 43 Wölfe auszuwildern. Nicht nur, dass dies viel Mühe und Arbeit mache, es kostet auch viel Geld. Und so wie in Deutschland gebe es auch in Russland Ängste und Vorbehalte, betonte er. Weil es gelegentlich Übergriffe auf Nutztiere gibt, seien die auch nicht ganz unbegründet. "Von einer blutrünstigen Bestie kann aber keine Rede sein." Schmiedtchen, der seinen gesamten Urlaub für sein tierisches Hobby opfert, hatte "seinen" Wölfen in Russland versprochen, sich für ihre zurückgekehrten Artgenossen in Deutschland einzusetzen. Zurückgekehrt hielt er bei seinen Streifzügen durch die Colbitz-Letzlinger Heide die Augen offen. "Und tatsächlich habe ich nur zwei Kilometer von meinem Haus entfernt zwei Welpen entdeckt. Erst wollte ich es gar nicht glauben. Aber dann fand ich Wolfsspuren." Wenig später verständigte er sich mit dem zuständigen Förster, der am 30. Juli 2011 die Öffentlichkeit über die Rückkehr der Wölfe informierte. In der Volksstimme erschien dann auch das Foto eines Wolfes in der Heide. Der Mann, dem die Wölfe folgen, ist davon überzeugt, dass sich mittlerweile in der Heide ein ganzes Rudel Wölfe heimisch fühlt. Erst kürzlich hat er im Schnee Spuren gefunden, die das beweisen. Schmiedtchen, der für eine Sicherheitsfirma arbeitet, hatte Mitte der 90er Jahre an einem Wilderness Experience im Norden teilgenommen. Dabei entdeckte er seine tiefe Liebe zur Natur und den Tieren. Seit dieser Zeit ist er zweimal im Jahr in der ganzen Welt unterwegs, um sich für den Tierschutz im Allgemeinen und ganz besonders für Wölfe zu engagieren. Mit solchen Vorträgen wie in Wolmirstedt versucht er, mit dem Märchen vom bösen Wolf aufzuräumen.