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Heute ist der europäische Tag der Sprache / Annegret Mainzer liebt die russische Sprache "Eine Sprache öffnet Türen und ... Herzen"

26.09.2012, 01:16

Heute ist der europäische Tag der Sprachen. In Zerbst ist Annegret Mainzer ein gutes Beispiel für dessen Bedeutung. Ihre Russischkenntnisse haben die deutsch-russischen Partnerschaften der Stadt Zerbst mitbefördert.

Volksstimme: Ein Ziel des europäischen Tages der Sprachen ist es, individuelle Mehrsprachigkeit zu fördern. Wann haben Sie ihre Liebe zum Russisch entdeckt?

Annegret Mainzer: Eigentlich wollte ich Französisch lernen. Das war mein Wunsch in der - ich weiß es nicht mehr genau - vielleicht 5. Klasse. Aber damals waren Französischlehrer knapp. Als dann der Russischunterricht begann, habe ich gemerkt, dass mir die Sprache leicht fällt. Auch die Grammatik erschien mir logisch. Logischer als die Deutsche. Russisch faszinierte mich.

Volksstimme: Tut es das noch bis heute?

Annegret Mainzer: Ja, absolut. Ich lerne auch noch immer dazu. In meiner Lehrerausbildung belegte ich Slawistik als Hauptfach, studierte dazu auch ein Jahr in der damaligen UdSSR. Die Sprache im Heimatland zu sprechen, war eine tolle Erfahrung, die ich nur jedem empfehlen kann. Damals bin ich dort auch schon auf Zarin Katharina und ihre Heimat Zerbst angesprochen worden. Aber das war zu Hause noch gar kein Thema. Einige Jahre unterrichtete ich dann in der Altmark, bis ich 1992 wieder nach Zerbst zurückzog und in der Erwachsenenbildung Russisch unterrichtete.

Volksstimme: Dann waren Sie auch von Anfang an dabei, als in Zerbst das Schloss und Katharina mehr und mehr im öffentlichen Fokus standen?

Annegret Mainzer: Ja. Bis 2009 war ich Mitglied im Katharina-Verein, davon zehn Jahre lang als Vorsitzende. Meine Rus-sischkenntnisse halfen natürlich, Kontakte zu knüpfen, zu pflegen und zu vertiefen. Eine Fremdsprache gut zu können, öffnet Türen und auch Herzen. Es erleichtert den persönlichen Kontakt, man kann gleich neue Ansprechpartner anrufen und sich vorstellen oder E-Mails schreiben, ohne einen Dritten dazuholen zu müssen.

Volksstimme: Was macht das Russische für Sie so besonders?

Annegret Mainzer: Im Russischen kann ich zum Beispiel viel besser Gefühle und Gedanken ausdrücken. Es gibt ein deutlich breiteres Vokabular. Für manche Wörter könnte ich gar keine adäquate Übersetzung ins Deutsche finden. Außerdem finde ich es viel besser, Literatur in der Originalsprache lesen zu können, als die deutsche Übersetzung zu lesen. Vieles kommt da gar nicht so rüber.

Volksstimme: Sie sind oft als Dolmetscherin im Einsatz ...

Annegret Mainzer: Das stimmt. Wenn ich jedoch bei einer Übersetzung nicht sicher bin, scheue ich mich auch nicht, einen Muttersprachler um Hilfe zu bitten. Es ergibt sich leider nicht täglich die Chance, mit Muttersprachlern zu reden, aber durch das Dolmetschen habe ich ein noch besseres Gefühl für die Sprache bekommen. Es gibt zum Beispiel Wörter, die können drei Bedeutungen haben. Ein Gefühl dafür bekommt man vor allem durchs Sprechen. Ich lese auch russische Zeitungen und Internetseiten, um sprachlich auf dem aktuellen Stand zu bleiben.

Volksstimme: Was würden Sie jungen Menschen empfehlen, wenn die ernsthaftes Interesse für eine Sprache haben?

Annegret Mainzer: Eine Sprache lebt durchs Sprechen. Ich kann nur dazu raten, eine Zeit lang in dem Land zu leben, dessen Sprache man lernt. Beispielsweise haben wir in der Schule einen ellenlangen Satz gelernt, um in Russland einen Kaffee zu bestellen. Ein Russe macht das mit einem Wort. Ich habe auch drei Sommer lang in Kiew gelebt und gearbeitet. Nur so lernt man die Kultur richtig kennen und das Leben abseits des Bekannten.

Volksstimme: Gibt es andere Sprachen, die sie noch lernen wollen?

Annegret Mainzer: In den vergangenen zehn Jahren habe ich meinen Traum erfüllt und drei Semester Französisch gelernt sowie einen Grundkurs in Polnisch gehabt. Auch meine Englischkenntnisse erweitere ich ständig. Die sind zum Beispiel bei Schlossführungen wieder gefragt. Ich würde keine neue Sprache mehr lernen wollen, sondern das Angefangene vertiefen.