1. Startseite
  2. >
  3. Lokal
  4. >
  5. Nachrichten Magdeburg
  6. >
  7. Verkauft, verbrannt, verschwunden: Suche nach Magdeburgs Kunstschätzen

488 Meisterwerke vermisst und auf ganzer Welt verteilt Verkauft, verbrannt, verschwunden: Suche nach Magdeburgs Kunstschätzen

Van Gogh, Nolde, Kirchner - die Gemäldegalerie des
Kaiser-Friedrich-Museums Magdeburg war klangvoll. Während ein Teil von
den Nazis als "entartet" aus dem Museum entfernt wurde, ging der größere
Teil im Krieg verloren. Einzelne Werke tauchen weltweit immer wieder in
Galerien auf.

05.02.2014, 02:20

Magdeburg l Nicht alle Verluste gehen auf Rechnung des Krieges, stellte der Magdeburger Kunst-Experte und stellvertretende Leiter der Magdeburger Museen, Tobias von Elsner, bereits 1995 in einem Magdeburger Museumsheft fest. Unter dem Titel "Alles verbrannt? Die verlorene Gemäldegalerie des Kaiser Friedrich Museums Magdeburg" schreibt er, dass nach der Machtübernahme der Nationalsozialistischen Partei Deutschlands (NSDAP) 1933 auch das Magdeburger Museum von sogenannter entarteter Kunst gesäubert wurde. "Der Bannstrahl traf besonders die Werke jener Künstler, die mit gesellschaftskritischen Themen und experimenteller Formsprache den Hass der Nationalsozialisten auf sich gezogen hatten", so von Elsner.

150 Kunstwerke wurden damals aus dem Museum entfernt. Darunter Arbeiten von Erich Heckel, Ernst Ludwig Kirchner, Paul Klee, Johannes Molzahn, Emil Nolde und Christian Rohlfs. Von acht Gemälden ist mittlerweile bekannt, wo sie hängen oder kurzzeitig aufgetaucht sind. So befindet sich etwa das Aquarell "Kurort" von Paul Klee in Luzern in Privatbesitz. "Gebirgslandschaft" von Ernst Ludwig Kirchner hängt im "Institute of Art" in Detroit. Christian Rohlfs "Stilleben mit weißen Lilien" tauchte 1994 bei einer Auktion in Düsseldorf auf. Zuvor war es dem Kulturhistorischen Museum für 145 000 Mark angeboten worden.

Die Bilder wurden 1937 auf Führerbefehl abgehangen. Ein Teil wurde bei der Propagandaausstellung "Entartete Kunst" in München ausgestellt. Zahlreiche Gemälde verkauften die Nazis später ins Ausland. So wurde etwa Emil Noldes "Junge Ochsen", das sich heute in Saarbrücken befindet, von den Nazis in der Schweiz zu Devisen gemacht. "Ein Teil der Verkaufserlöse war dann sogar zynischerweise wieder an die Museen zurückgeflossen", schreibt von Elsner. Vor wenigen Tagen erschien in der Saarbrücker Zeitung ein Artikel über die neue Schau "Aufbaujahre. Das Saarlandmuseum 1952-1965" im Wechselpavillon der Saarbrücker Modernen Galerie. "Die Museumsgeschichte wird nicht durch Dokumente greifbar, sondern sinnlich erlebbar gemacht: durch eine Parade an Spitzenwerken", heißt es in dem Artikel. Ein zentrales Werk der Schau: Noldes "Junge Ochsen".

"Es gibt keine Chance, dass wir die Bilder jemals zurückbekommen", sagt die Direktorin des Kulturhistorischen Museums, Gabriele Köster. Einen Rechtsanspruch auf Rückgabe gebe es nicht.

Den zweiten Teil der langen Magdeburger Fehlliste machen die Kriegsverluste aus. Hier ist allerdings unklar, ob die Gemälde zerstört oder entwendet worden sind. So wurden die Magdeburger Kunstschätze unter anderem zum Schutz in das Salzbergwerk Neustaßfurt gebracht. Das Lager brannte völlig aus. Wissenschaftler vermuten, dass ein Teil der Kunstwerke zuvor in Sicherheit gebracht wurde.

Zu den wertvollsten Magdeburger Kriegsverlusten zählt Vincent van Goghs Selbstbildnis "Der Künstler auf dem Weg nach Tarascon". Das Bild wird auch in der Datenbank "Lost Art" geführt - dieselbe Internetseite, in der auch die Gemälde des Münchener Kunstsammlers Cornelius Gurlitt gelistet werden. Im Gegensatz zur von den Nazis verscherbelten "entarteten" Kunst wäre die Eigentümer-Frage bei einem Wiederauftauchen des Van Goghs aber unklar. "Ich kann nur sagen, dass ich es immer befürworte, wenn berühmte Kunstwerke für alle zugänglich sind", sagt Museums-Chefin Köster.