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Laudatio "Elberado"-Gründer machen Demokratie zum Kinderspiel

Mit 20,4 Prozent wählten die Volksstimme-Leser Julia Tecklenborg und Heiko Bergt von der Kinderstadt Elberado zu Magdeburgern des Jahres 2014. Die beiden sind federführend für die Planung der Spielwelt verantwortlich. Volksstimme-Redakteurin Michaela Schröder hielt die Laudatio.

Von Michaela Schröder 14.01.2015, 02:09

Magdeburg l Sommerferien in Magdeburg, zwei ganz normale Arbeitswochen in Elberado. Denn hier wird nicht gefaulenzt, sondern geschafft. In der Kinderspielstadt lernen die Kinder, 2014 zum mittlerweile 3. Mal, wie ein Arbeitsalltag in einer Stadt aussieht. Für zwei Euro täglich, Mittagessen inklusive, können die Kinder auf dem Gelände der Hochschule Magdeburg-Stendal von 10 bis 17 Uhr die eigene Mini-Stadt regieren. Von den Kindern wird das Stadtspiel mit großem Ernst betrieben. Welchen Beruf will ich ergreifen? Was muss ich dafür können? Wie kann ich Bürgermeister werden und was darf ich dann entscheiden? Die Antworten finden sich in der Kinderstadt. "Learning by doing" ist die Devise und so gilt es, selbst herauszufinden, was man am besten kann oder worin man sich probieren möchte. Denn die Kinderstadt ist vor allem eines: Das spielerische Ausprobieren von Demokratie.

Mit ins Leben gerufen hat das Projekt Heiko Bergt, der die Kinderstadt gemeinsam mit Julia Tecklenborg und vielen weiteren Partnern in der Landeshauptstadt umsetzt.

"Es ist immer wieder eine Herausforderung, so ein großes Projekt zu organisieren."

Während seines Lehrauftrags an der Hochschule Magdeburg-Stendal wird Heiko Bergt 2008 von einem Professor angesprochen - die Idee einer Kinderstadt in Magdeburg entsteht. Studierende des Fachbereichs Sozial- und Gesundheitswesen schaffen im Rahmen eines Hochschulprojekts die notwendigen Grundlagen. Der Verein Kinderbunt, Träger der Ministadt, gründet sich. 2010 stößt Julia Tecklenborg zum Projekt.

Die Betriebswirtin und der Sozialarbeiter sind federführend für die Planung der Spielwelt verantwortlich. Die beiden arrangieren alles Notwendige ringsherum, damit die Kinder, wie sie besonders betonen, die Entwicklungen und das Geschehen in Elberado selbst bestimmen können.

Heiko Bergt und Julia Tecklenborg haben die nötige Ruhe und das erforderliche Geschick, um die Kinderstadt mit den vielen engagierten Freiwilligen zum Erfolg zu führen. "Es ist immer wieder eine Herausforderung, so ein großes Projekt zu organisieren, aber die Mühe ist es wert", sagt Julia Tecklenborg. Für Projektleiter Heiko Bergt ist Magdeburg nicht die erste Baustelle. Mit großem Erfolg hat er in den vergangenen Jahren bereits in Dessau-Roßlau und in Bernburg gemeinsam mit Ehrenamtlichen Miniaturstädte für Kinder entstehen lassen.

"Kinder sind Zukunft" heißt es, also sollen diese auch altersgerecht herangeführt und darauf vorbereitet werden.

Die aktive Beteiligung von Kindern ist ein pädagogischer Ansatz, der nicht nur in der Europäischen Union und in der Bundesrepublik eine wichtige Rolle spielt.

"Oft wird Kindern einfach zu wenig zugetraut."

Längst werden in vielen Städten nicht nur Projekte für, sondern mit Kindern und Jugendlichen initiiert. "Das wird doch nichts", "das klappt niemals" - trotz der Zweifel vieler Skeptiker konnte am 23. Juli 2010 die erste Kinderstadt in Magdeburg die Tore öffnen.

Eine Kinderstadt ist natürlich in erster Linie für Kinder. Manchmal müssen aber Erwachsene mithelfen, sie voranzubringen und dafür zu werben. Auch echte Euro braucht die Kinderstadt, um zu entstehen. Die finanzielle Absicherung des Projektes steht selten auf sicheren Füßen. Ein Problem, mit dem der Verein zu kämpfen hat.

Neben den Geldgebern und Unterstützern der Kinderstadt sind auch die ehrenamtlich tätigen Betreuer eine wichtige Stütze zum Gelingen von Elberado. Die Betreuer halten sich dabei im Hintergrund, denn die Kinder sollen das Stadtspiel dominieren. Die Gratwanderung zwischen Machen-Lassen und Anleiten bleibt die große Herausforderung für das Team.

"Oft wird Kindern einfach zu wenig zugetraut", erzählte mir Heiko Bergt. Nicht in Elberado, hier wachsen Kinder über sich hinaus. Kaum weicht die erste Scheu der Kinder, weil noch nicht klar ist, was sie erwartet, blühen sie auf und entwickeln ungeahnte Eigeninitiative. Kaum Streit gibt es unter den Kindern. Toleranz, Gleichberechtigung und gegenseitige Rücksichtnahme werden in Elberado großgeschrieben.

Mit dem pädagogischen Projektansatz bietet das Team Kindern die fantastische Möglichkeit, sich spielerisch-kindlich zu entfalten und gleichzeitig wie Erwachsene ernst genommen zu werden. Die Verrichtung einer beruflichen Tätigkeit im spielerischen Rahmen der Kinderstadt gibt jungen Menschen das Gefühl, Verantwortung zu tragen und wichtig zu sein. Kinder bauen Hemmungen ab, gewinnen Selbstbewusstsein und erkennen eigene Stärken und Talente. Auffällig ist, dass kein Kind etwas vermisst. Kinder kommen ohne Internet, Handy und PC aus.

Das Projekt hat sich mittlerweile fest etabliert und ist weit über die Stadtgrenzen hinaus bekannt. 2014 waren es rund 2800 Kinder, die innerhalb von zehn Tagen das Projekt auf dem Campus der Hochschule Magdeburg-Stendal bevölkert haben.

Lernen im Vorübergehen, lernen beim Spielen, lernen sich einzumischen, um etwas zu bewegen - das alles war und ist nur möglich durch die Unterstützung vieler: Begonnen bei den Vereinsmitgliedern des Kinderbunt e.V., der Projektgruppe "Kinderstadt" an der Hochschule Magdeburg-Stendal und den ehrenamtlichen Helfern und Betreuern, die zum Gelingen beigetragen haben. Stellvertretend für das hochmotivierte Team wählten die Volksstimme-Leser Julia Tecklenborg und Heiko Bergt zu Magdeburgern des Jahres 2014.