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  7. Polizei droht Kreidemalern vom "Hassel" mit deftiger Rechnung

Initiator des Spontanauflaufs im Kneipenviertel verspricht ärgerlichen Anliegern Hilfe bei der Restebeseitigung an Wänden und Türen Polizei droht Kreidemalern vom "Hassel" mit deftiger Rechnung

Von Katja Tessnow 07.08.2012, 05:16

Altstadt l Während die Stadt im Nachgang zur friedlichen Kreidemalaktion vom Wochenende auf dem Hasselbachplatz "die ordnungspolitische Keule im Sack lassen will" (Ordnungsbeigeordneter Holger Platz), macht die Polizei ernst. Sie prüft, ob dem Initiator die Kosten für den Polizeieinsatz in Rechnung gestellt werden können. Zwar bilanzierte die Polizeipressestelle am Sonntag einen "störungsfreien" Ablauf der Aktion und bescheinigt den rund 1200 Teilnehmern auch in einer Pressemitteilung am Montag einen friedlichen Auftritt. Sie verweist aber darauf, dass die Veranstaltung zugleich eine "Sondernutzung" des öffentlichen Raums darstellt und selbige "zwingend anmelde- und genehmigungspflichtig ist". Grundsätzlich seien dafür nicht nur Gebühren zu entrichten, "sondern auch die Kosten für eine etwa erforderliche polizeiliche Begleitung einschließlich der Sicherungsmaßnahmen zu tragen".

Zur Aktion "Hassel in Farbe" hatten sich vorwiegend junge Magdeburger in der Sonnabendnacht im Internet verabredet. Initiator André Assmuss deklarierte den Auflauf als "Flashmob" (spontane Zusammenkunft) ohne offiziellen Veranstaltungscharakter, ergo auch ohne Anmeldung und Absicherung, zum Beispiel durch Ordner. Die Polizei wurde wegen des absehbaren Eingriffs in den öffentlichen Verkehrsraum aus eigenem Sicherheitsermessen aktiv und riegelte den Platz mit einer Hundertschaft komplett für den Verkehr ab. Sollte Assmuss dafür die Kosten tragen müssen, dürfte es teuer werden. Der 27-Jährige mag daran noch nicht recht glauben. "Ich habe ganz viel Lob und Glückwunsch von Beteiligten und auch von Geschäftsleuten am Hassel bekommen."

Allerdings treibt ihn auch Anliegerkritik um. Zum Beispiel die Schuhmacherfamilie Diederichs ist wenig amüsiert über die bis heute an den Wänden und Türen ihres Traditionsgeschäftes klebenden Kreidebilder und -schriftzüge. Während der Regen Straßen und Wege komplett sauber gespült hat, haften die Reste der bunten "Hassel"-Aktion fest an umliegenden Gebäuden. Assmuss: "Ich habe die Teilnehmer gebeten, nur die Straße zu bemalen. Ich kann mich nur dafür entschuldigen, dass sich nicht alle daran gehalten haben." Der Kreideaktivist sucht den Kontakt zu verärgerten Anliegern und verspricht: "Zur Not stelle ich mich selbst mit dem Kärcher hin." Den Diederichs würde das gut gefallen; ihr Kommentar: "Das muss doch eine Frage der Ehre für den Initiator sein." Eine Hausverwaltung mit Objekten am Hasselbachplatz droht derweil mit Anzeige.

Die Kreidebilder selbst erachten dagegen weder Polizei noch städtische Ordnungsbehörden als Problem. Polizeisprecherin Beatrix Mertens: "Kreide kann man abwischen. Das ist keine Sachbeschädigung." Auch der Ordnungsbeigeordnete Holger Platz konstatiert: "Was die Malaktion als solche betrifft, bleibe ich gelassen. So was gehört zu einer Großstadt dazu." Müll sei nicht deutlich mehr angefallen als zu normalen Wochenenden. "Die Stadtreinigung musste nicht mehr als üblich tun." Trotzdem warnt Platz Nachahmer: "Die Blockade des Straßenraums ist eine andere Geschichte. Es waren viele Kinder und Jugendliche unter den Teilnehmern, und wenn doch etwas passiert, kann das für die Initiatoren nach hinten losgehen." Der Polizei sei dafür zu danken, dass sie in Eigeninitiative für Sicherheit auch für die Beteiligten selbst gesorgt habe, resümiert Platz. Die polizeilich in Aussicht gestellte Rechnung will er nicht kommentieren.

André Assmuss reagiert auf die polizeiliche Androhung zwischen bitter und gelassen: "Ich habe das Geld nicht. Was soll mir passieren? Wollen die mich wegheften, weil ich ein paar Leute zum Malen eingeladen haben?"