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Finanzminister stellte Ministerpräsident Reiner Haseloff vor Entscheidung: Er oder Birgitta Wolff Jens Bullerjahn drohte mit Rücktritt

Von Christopher Kissmann, Elisa Sowieja und Torsten Scheer 23.04.2013, 01:17

Magdeburg. Hartmut Möllring ist neuer Wissenschafts- und Wirtschaftsminister. Doch nicht der neue Mann, sondern die Hintergründe der Entlassung seiner Vorgängerin rücken in den Fokus: Jens Bullerjahn (SPD) hat Reiner Haseloff (CDU) dabei mächtig Druck gemacht.

Beschwert hat sich Jens Bullerjahn bei Ministerpräsident Reiner Haseloff in den vergangenen Wochen reichlich. Das Abweichen von Birgitta Wolff von den im Kabinett beschlossenen Haushaltseckpunkten hat ihm gar nicht gepasst. Doch vergangene Woche ist Bullerjahn endgültig der Kragen geplatzt. "Entweder die oder ich", soll er zu Haseloff gesagt haben. Er lasse sich seine Politik nicht durch ein Kabinettsmitglied kaputtmachen.

"Bullerjahn ist ein \'Mansfelder Prolet\', der wie ein kleines Kind Krawall macht." - Ein CDU-Politiker

Das Fass zum Überlaufen gebracht hat ein Volksstimme-Interview am Dienstag. Wolff hatte darin den geplanten Sparkurs an den Hochschulen öffentlich kritisiert. "Danach ist der Jens ein bisschen ausgetitscht", sagt ein SPD-Fraktionär. Bullerjahn hat sich nach Volksstimme-Informationen am Mittwoch mit Haseloff in Quedlinburg getroffen. Bullerjahns Sprecher Wolfgang Borchert: "Kein Kommentar."

Offiziell hatte am Abend die Eröffnung einer Tagung über UNESCO-Welterbestätten im Tagungszentrum "Palais Salfeldt" auf dem Programm des Ministerpräsidenten gestanden. Vermutlich ist dort die Entscheidung über Wolffs Entlassung gefallen.

Darüber sind viele CDU-Abgeordnete "pappesatt". Das Vorgehen von Haseloff sei "stillos". "Normalerweise feuert man erst den alten Trainer und sucht dann einen neuen", schimpft ein Unionspolitiker. Er kritisiert auch, dass Haseloff Wolff entlassen habe, weil sie für ihr Ressort kämpfte - und das, nachdem der Ministerpräsident extra für sie die Ressortkombination Wirtschaft und Wissenschaft geschaffen habe.

Birgitta Wolff stellte gestern klar: "In der Kabinettssitzung haben wir nicht über Kürzungen abgestimmt, sondern nur über Prüfaufträge." Darüber hinaus wollte sie sich nicht äußern.

"Eigentlich kann man mit Bullerjahn ganz gut reden. Aber die Zeiten sind leider lange vorbei." - Ein SPD-Landtagsabgeordneter

Christdemokraten tun das hinter vorgehaltener Hand dafür sehr ausführlich. Was sie am meisten verärgert: Das dominante Auftreten von Bullerjahn. "Der ist ein \'Mansfelder Prolet\', der wie ein kleines Kind Krawall macht, wenn er seinen Willen nicht bekommt", sagt ein CDU-Mann. Haseloff sei leider zu "weich". Böhmer habe Bullerjahn viel öfter einfach "abtropfen" lassen.

"Mehrere Unionspolitiker berichten davon, dass auch CDU-Fraktionschef André Schröder mächtig sauer war. Der Grund: Haseloff hat ihn nicht in die Entscheidung der Wolff-Nachfolge einbezogen, sondern nur telefonisch über die Berufung von Möllring (CDU) informiert.

Gegenüber der Volksstimme kartet Schröder aber nicht nach. Er will die Wogen glätten. Sicher hätten sich viele einen Minister aus Sachsen-Anhalt gewünscht. "Aber der Ministerpräsident wird seine Entscheidung heute in der Fraktionssitzung erklären."

Doch nicht nur in der CDU ist die Stimmung schlecht. Auch die SPD klagt. "Wir sind es alle ein bisschen leid, dass uns von ihm vorgeworfen wird, wir hätten nicht das Wohl des Landes im Auge. Das kann Bullerjahn nicht für sich alleine pachten", sagt ein SPD-Abgeordneter. Eigentlich könne man mit ihm gut reden. "Aber die Zeiten sind lange vorbei."

In Wirtschaftskreisen war man über die Entlassung von Birgitta Wolff auch gestern noch "schockiert und stocksauer". Die Entscheidung habe Bullerjahn getroffen, ist man sich im Arbeitgeberlager einig.