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10.000 Menschen demonstrieren gegen Hochschul-Sparpläne Geballte Wut in Magdeburg: Studenten pfeifen Möllring aus

30.05.2013, 01:13

Magdeburg. Auf dem Domplatz in Magdeburg hallte Wissenschaftsminister Hartmut Möllring (CDU) am Mittwoch geballte Wut entgegen. 10.000 Menschen hatten sich dort versammelt, weil sie um den Hochschulstandort und die Zukunft Sachsen-Anhalts fürchten.

Die dunklen Wolken und Regenschauer, die am Mittag über dem Platz vor dem Landtag zogen, haben ihnen nichts ausgemacht. Zu groß war ihre Wut. Tausende Studenten und Mitarbeiter der Universität sowie der Hochschule Magdeburg-Stendal wollten ihrem Ärger über die geplanten Einsparungen im Wissenschaftsbereich Luft machen. Mit bunten Transparenten, Pfeifen und Hupen versammelten sie sich vor einer kleinen Bühne, skandierten dort wieder und wieder "wir sind hier, wir sind laut, weil man uns die Bildung klaut".

Zu der Kundgebung hatten nicht nur Uni, Hochschule und Klinikum aufgerufen. Auch Magdeburgs Oberbürgermeister Lutz Trümper (SPD) beteiligte sich. Er griff sogar als erster Redner zum Mikrofon. "Nach 1989 stehe ich hier zum ersten Mal wieder bei einer Demonstration", sagte er pathetisch. Es gehe aber um existenzielle Fragen. Die geplanten Millionenkürzungen würden für die Hochschulen den Todesstoß bedeuten. "Wir sind eine offene Stadt, die nicht weniger, sondern mehr Studenten haben will", rief er der Menge entgegen - und erntete stürmischen Applaus. Trümper sollte der einzige Politiker bleiben, dem zugeklatscht wurde.

Der Rektor der Otto-von-Guericke-Universität, Jens Strackeljahn, schloss sich den Worten Trümpers an. "Die Wissenschaft ist der entscheidende Motor in der wirtschaftlichen und kulturellen Entwicklung des Landes", mahnte er, "die Landesregierung darf jetzt nicht das zerstören, was in 20 Jahren aufgebaut wurde." An die Adresse von Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) und Finanzminister Jens Bullerjahn (SPD) richtete er aus: "Gerade Kürzungen mit dem Rasenmäher gehören zu den seltendämlichen Methoden." Währenddessen stand Wissenschaftsminister Möllring als einziger Vertreter der Regierung nur wenige Meter hinter ihm auf der Bühne. Er folgte den Wut-Reden regungslos, lediglich ein Lächeln huschte ihm ab und an über die Lippen. Vor allem dann, wenn er von Strackeljahn persönlich angegriffen wurde. "Wir bedanken uns für ihre verfehlte Politik in Niedersachsen", so der Rektor. Viele junge Menschen habe es erfreulicherweise von dort zum Studium nach Sachsen-Anhalt gezogen. Das solle in Zukunft so bleiben.

Nicht weniger drastisch drückte sich Hochschul-Rektor Andreas Geiger aus: "Wir halten von den Sparplänen nichts", sagte er vor der Menge. "Ich möchte nicht, dass dieses Land von mittelmäßigen Politikern erst schlecht geredet und dann kaputt gemacht wird." Geigers Worte wirkten wie Balsam auf die Seelen in der aufgebrachten Menschenmenge. Doch der Jubel wich schnell wieder wütenden Pfiffen und Buhrufen, als Hartmut Möllring zu einer Fünf-Minuten-Rede vor das Pult trat. "Wir müssen mit weniger Geld gute Politik machen", stellte der Minister eingangs fest. So richtig zog er aber dann den Zorn auf sich, als er behauptete: "Die Rektoren machen ja mit - sie haben das heute nur anders ausgedrückt."

Möllring zeigte sich selbstbewusst und ließ keinen Zweifel daran, dass er entschlossen den Kurs von Bullerjahn und Haseloff unterstützt. Erst nach seinem Auftritt kritisierte er gegenüber der Volksstimme seine Vorredner. "Ich bin überrascht, wie polemisch die Rektoren waren", sagte Möllring, "den Ärger der Studenten kann ich ja sonst verstehen."

An den Sparplänen will er aber vorerst nicht rütteln: "Wir müssen erstmal versuchen zu kürzen, wir können nicht von vornherein sagen, das geht nicht." Die Einsparungen würden die Hochschulen ohnehin erst 2016 treffen, es bleibe viel Zeit, sich darauf einzustellen.

Die Demonstration auf dem Domplatz zeigte aber auch, dass Studenten und Hochschulmitarbeiter nicht klein beigeben werden und notfalls wohl eher weiter demonstrieren. So stellte Udo Sträter, Rektor der Uni in Halle, in der Menge stehend fest: "Ich bin schon beeindruckt, die Bewegung gegen die Sparpläne behält ihren Schwung." Sträter stattete seinen Magdeburger Kollegen einen Solidaritätsbesuch ab. In Halle hatte es bereits die Wochen zuvor zwei große Demos gegen die geplanten Kürzungen gegeben.

Beachten Sie auch die Bildstrecken zum
Marsch der Mediziner, zum
Demonstrationszug ab Universitätsplatz und zur
Kundgebung auf dem Domplatz.