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Erfolgreicher Start und gelungene Landung von "Spacecam2" / Erbauer ist der 19-jährige Christian Dobisch Schönebecker lässt Ballon 45 Kilometer hoch steigen

Von Olaf Koch 10.09.2013, 03:15

Schönebeck l Vom Schönebecker Salzblumenplatz aus wirkt es gefährlich. Als sich der Ballon mit der schwarzen Kapsel schon mehr als 20 Minuten in die Höhe geschoben hat, kreuzt plötzlich eine Passagiermaschine die Flugbahn: Ein Airbus A319 von Kopenhagen nach Florenz jagt mit mehr als 760 Stundenkilometer in Richtung Süden. "Das ist kein Problem: Die Verkehrsmaschine fliegt in 11.000 Metern Höhe, unser Ballon ist erst knapp 4000 Meter hoch", erklärt Christian Dobisch.

Der 19-Jährige ist der Kopf der Aktion "Spacecam2". Der Jugendliche, der in einem Calbenser Unternehmen den Beruf des Mechatronikers lernt, lässt am vergangenen Wochenende zum zweiten Mal eine Kapsel in den Himmel fliegen. Vor einigen Monaten, im Winter, schafft die Box mit einer Kamera an Bord die 30-Kilometer-Marke. An diesem Wochenende, so haben es die Berechnungen des Lehrlings ergeben, ist der Ballon rund 45 Kilometer in die Stratosphäre gestiegen. Irgendwo in der Mitte zwischen Erde und Weltall ist der mit Helium gefüllte Ballon nach mehr als zwei Stunden Aufstieg geplatzt. Nach dem freien Fall öffnet sich automatisch ein Fallschirm und lässt die Kapsel, die in ihrer Bauart einem kleinen Satelliten ähnelt, langsam zur Erde gleiten.

Am Ende soll das Fluggerät über zuvor einprogrammierte GPS-Koordinaten und an einem Gleitfallschirm befestigt wieder in Richtung Schönebeck schweben. "Die ganze Strecke hat die Raumkugel nicht geschafft", berichtet der Jugendliche. So landet das Fluggerät mit leichten Blessuren auf einem Acker bei Arneburg in der Altmark und ist damit nur 70 Kilometer vom Startpunkt an der Elbe abgetrieben.

Damit ist der erste Schritt von "Spacecam2" geschafft. Christian Dobisch hat es sich vor allem selbst bewiesen, denn die Marke "Eigenbau" ist in keinem Internethandel als fertiges Set zu erhalten. Den Ballon hat er in den USA gekauft, die Kameras und den GPS-Sender in Deutschland. Zusammengebaut hat der 19-Jährige sein Experiment im heimischen Kinderzimmer. "Rund 3000 Euro kostete das Projekt", so der Lehrling. Drei Sponsoren haben dem - im positiven Sinn - \'Verrückten\' das Geld unproblematisch zur Verfügung gestellt.

Auch deshalb, weil sie begeistert sind vom fachlichen Wissen des jungen Schönebeckers. "Wie ein 19-Jähriger das hinbekommt, überrascht mich. Der Junge hat Potenzial", resümiert einer der Sponsoren, Prof. Johann Hinken, Chef eines Unternehmens, das hochwertige Test- und Messtechnik entwickelt und produziert.

Für den Tüftler ist nicht nur der Weg das Ziel. Christian Dobisch interessiert sich mit wachsender Begeisterung für Fotos vom Planeten Erde - für ihn Schritt zwei der aufwändigen Aktion. "Das fasziniert mich", sagt er der Volksstimme. Diese Begeisterung war für ihn Antrieb. In der Kapsel "Spacecam2" waren insgesamt vier Kameras montiert, die die gesamte Zeit des Aufstiegs und des Falls filmten. Herausgekommen sind Fotos, die die amerikanische Weltraumbehörde Nasa nur geringfügig besser, aber mit viel mehr Aufwand und Kosten schafft: die blaue Erde mit ihrer zart-dünnen Atmosphäre und das tiefschwarze Weltall.