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Kinderporno-Vorwürfe gegen Jugendschützer machen Kollegen tief betroffen / Land friert Fördermittel für Arbeitsstelle ein Der Sündenfall im Kinder- und Jugendschutz

Von Christopher Kissmann und Andreas Stein 25.09.2013, 01:09

Magdeburg. Jugendschützer und Vereinsmitglieder haben am Dienstag geschockt auf die Kinderpornografie-Vorwürfe gegen Arnfried B., den Geschäftsführer der Landesstelle für Kinder- und Jugendschutz, reagiert. "Ich bin fassungslos", sagte ein Mitglied des Trägervereins der Volksstimme, von einem "Supergau" sprach ein weiteres. Sie wurden am Dienstag vom Vorstand per Brief von der Absetzung B.s und den Ermittlungen informiert.

"Wir begrüßen die fristlose Kündigung, eine solche Straftat ist nicht zu tolerieren", erklärte ein Sprecher des Sozialministeriums. Hendrik Möser, ehrenamtlicher Vorsitzender des Trägervereins der Landesstelle, wollte sich gestern mit Verweis auf die laufenden Ermittlungen nicht äußern. Der Volksstimme sagte er nur: "Wir kennen die genauen Hintergründe nicht. Wir haben den Geschäftsführer entlassen, das ist die schnellste Konsequenz, die wir ziehen konnten." Pikant: Der 45-jährige B. sitzt selbst mit im Vereinsvorstand.

Die Landesstelle für Kinder- und Jugendschutz wurde von B. mit aufgebaut und sollte auch Kindern und Jugendlichen helfen, die Opfer von Pornografie im Internet oder Gewalt geworden sind. Sie sollten wehrhaft gemacht werden gegen Gewaltverherrlichungen, auch im sexuellen Bereich. Vertreter der Mitgliedsvereine, darunter Kinder- und Jugendring, Kinderschutzbund und viele andere Jugendverbände, fürchten deshalb einen riesigen Imageschaden und einen flächendeckenden Vertrauensverlust für die gesamte Kinder- und Jugendarbeit in Sachsen-Anhalt. "Die, die Kinder schützen sollten, sind selbst Täter", sagte ein Vertreter ungläubig. Der Schock sitzt um so tiefer, denn Arnfried B., gebürtiger Wernigeröder, war nicht irgendein Sozialarbeiter. Der Pädagoge hatte sich auf Spiele spezialisiert, führte viele Projekte mit Kindern durch, erstellte als Jugendschutzsachverständiger Gutachten über Unterhaltungssoftware und andere Medien, bildete andere Pädagogen fort.

Das Sozialministerium fördert die Landesstelle jährlich mit 110.700 Euro. Am Dienstag wurden die Gelder für die Geschäftsführerstelle eingefroren. "Erst wenn der Verein mit einer Neuaufstellung dokumentiert, dass das in ihn gesetzte Vertrauen gerechtfertigt ist, werden wir die Förderung fortsetzen", so der Sprecher des Sozialministeriums.

Wie es weitergeht, wollen die Mitglieder so schnell wie möglich auf einer Mitgliederversammlung klären.