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Landesparteitag der Linken debattiert in Magdeburg über das Verhältnis zu den Sozialdemokraten "Kommt zu uns oder haltet die Klappe!"

Von Michael Bock 14.10.2013, 03:16

Magdeburg l Die Linke umgarnt die SPD. Beim Landesparteitag am Wochenende in Magdeburg werden die Zeichen für die Landtagswahl 2016 auf Rot-Rot gesetzt. Protest kommt nur von der Linksjugend.

Wie hält es die Linke mit der SPD? Da ist sie wieder, die Gretchenfrage. Der "programmatische Klassiker", wie es Landeschefin Birke Bull formuliert. Die Parteispitze positioniert sich ganz klar: Bei der Landtagswahl 2016 wird ein rot-rotes Bündnis angestrebt. Bull bereitet die Partei darauf vor, dass bei einer möglichen Regierungsbeteiligung Abstriche an eigenen Positionen gemacht werden müssten: "Kompromisse gehören zu einer Demokratie", sagt sie. Wer die eigene politische Überzeugung in Absolutheit und kompromisslos ins Tagespolitische übertragen wolle, der bekomme ein Problem und lande über kurz oder lang in einer Diktatur.

Bereits kurz vor der Bundestagswahl hatte die Linke der SPD in Sachsen-Anhalt eine Koalition angeboten. SPD-Chefin Katrin Budde erklärte, die Sozialdemokraten würden der CDU bis 2016 treu bleiben. Dann aber sei alles offen. Bull warnt jetzt davor, der SPD diese Abfuhr aus "Eitelkeit und Trotz" nachzutragen. Das zeuge nicht von politischer Verantwortung, sagt sie.

Der Chef der Landtagsfraktion, Wulf Gallert, sagt in einer kämpferischen Rede: "Wir streben den Politikwechsel an. Deshalb haben wir der SPD das Angebot gemacht. Das erwarten unsere Wähler." Und: "Wir haben manchmal ein bisschen Angst, Verantwortung zu übernehmen, wenn wir die Chance dazu haben. Wir dürfen uns aber nicht wegducken."

Dann liest Gallert den Sozialdemokraten die Leviten: "Ein weiteres permanentes Bündnis mit der CDU ist die konsequente Vorbereitung des Niedergangs der Partei." Den eigenen Leuten versucht er zu erklären, dass sie eigentlich gar nicht so schlimm sei, die SPD. Nun ja, Finanzminister Jens Bullerjahn gelte zu Recht als die "Personifizierung des Schrumpfungskurses", er verfolge eine "neoliberale Haushaltspolitik". Einerseits.

Andererseits betont Gallert, dass eben dieser Bullerjahn zwischen 1994 und 2002 "der Garant in der SPD für die Tolerierung durch die PDS" war: "Damals habe ich mit ihm über den Aufbau der Hochschulstrukturen verhandelt, die er jetzt abbaut." Gallert: "Die SPD ist immer so sozial wie ihr Partner." Überhaupt: Ist es nicht SPD-Spitzenfrau Katrin Budde, die die Koalition mit der CDU "permanent öffentlich infrage stellt"? Und sagt nicht Magdeburgs SPD-Oberbürgermeister Lutz Trümper, der Sparkurs der Regierung führe ins Chaos? Wenn die SPD dennoch weiter eine Zusammenarbeit mit der Linken ablehne, könne sie sich ihre Reden über gesetzlichen Mindestlohn oder Steuergerechtigkeit sparen, sagt Gallert. Kurzum: "Kommt zu uns oder haltet die Klappe!"

Widerstand gegen den Rot-Rot-Kurs kommt nur vom Parteinachwuchs. Vincent Streichhahn (Halle) lehnt ein Bündnis mit SPD und auch Grünen strikt ab: "Sie gehören zu den gekauften Lobbyparteien, sind verlängerte Arme des Kapitals und Kriegsparteien." Außerdem: Rot-Grün steht weiter für die Agenda 2010." Anne Geschonneck (Halle) von der Linksjugend sagt: "Weder mit der SPD noch mit den Grünen können wir einen echten Politikwechsel durchführen. Wir sollten jetzt vom Wahlkampf zum Klassenkampf kommen."

Es gibt eine ausführliche Debatte zu den Positionen des Nachwuchses. Die Partei braucht junge Mitglieder - das Durchschnittsalter bei den Linken beträgt 64 Jahre.