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Krankenhausgesellschaft will Trennung von ambulant und stationär aufheben "Wir leisten uns noch einen Luxus"

Die 48 Krankenhäuser in Sachsen-Anhalt wollen künftig auch die ambulante
Versorgung leisten. Die Krankenhausgesellschaft will damit die sich
verschärfenden Versorgungslücken im niedergelassenen Bereich
ausgleichen.

Von Silke Janko 17.01.2014, 02:19

Halle l Der nächste freie Termin beim Augenarzt oder beim Kardiologen erst in sechs Monaten - in Sachsen-Anhalt vielerorts Alltag in der medizinischen Versorgung.

Nach einer Studie der Krankenhausgesellschaft Sachsen-Anhalt und des Instituts für Strukturpolitik und Wirtschaftsförderung (isw) wird sich der schon spürbare Mangel an Ärzten weiter verschärfen (siehe Kasten). Eine Alternative könnte der Termin beim Augenarzt im nächsten Krankenhaus sein. Peter Löbus, Vorstandschef der Krankenhausgesellschaft Sachsen-Anhalt: "Wir leisten uns momentan noch einen Luxus - die doppelte Facharztschiene."

Löbus meint damit die Vorhaltung von Fachärzten sowohl im niedergelassenen Bereich als auch im stationären Bereich. Die Krankenhausgesellschaft fordert deshalb, die strenge Trennung vom ambulanten und stationären Sektor im Gesundheitswesen aufzubrechen. Geschäftsführer Gösta Heelemann: "Die Ärzteknappheit könnte besser beherrscht werden. Was wir jetzt haben, ist nichts anderes als eine doppelte Finanzierung."

Die Trennung des ambulanten und stationären Bereichs gilt im Gesundheitswesen Deutschlands als eherner Grundsatz - obwohl es bereits Ansätze zur Öffnung gibt. An den Krankenhäusern in Sachsen-Anhalt arbeiten 34 Medizinische Versorgungszentren: Die dort tätigen Fachärzte zählen allerdings als niedergelassene Mediziner und werden von den Kassen auch so vergütet. Obwohl dem Krankenhaus angegliedert, dürfen weder Personal noch Technik im Krankenhaus eingesetzt werden.

Der Vorschlag der Krankenhaus-Lobbyisten kommt nicht von ungefähr. Auch die Kliniken stehen wegen der demografischen Entwicklung unter Druck. Nur jede dritte Einrichtung arbeitet rentabel. Ein Drittel steckt in den roten Zahlen und das letzte Drittel bewegt sich auf eine defizitäre Lage zu, verweist Heelemann auf eine Umfrage der Krankenhausgesellschaft unter den 48 Kliniken im Land. Vor allem kleinere Einrichtungen könnten sich nicht mehr finanzieren.

Die Krankenhauslobby setzt damit auf die Politik, die nur auf Bundesebene das Finanzierungsproblem lösen könne. Vor allem das Abrechnungssystem der Fallpauschalen (Pauschale pro Krankheit) und die Investitionsförderung stehe dabei im Fokus. Letztere müssten entweder aus dem Topf der Kassen oder den Haushalten der Länder kommen.

Holger Paech, Sprecher des Sozialministeriums, verwies auf rund 3,6 Milliarden Euro, die Bund und Land in den vergangenen Jahren in die Kliniken zwischen Arendsee und Zeitz gesteckt hätten.