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Sicherheit in Sachsen-Anhalt Vom langsamen Sterben einer Polizeireform

Von Michael Bock 30.04.2014, 03:21

Magdeburg l Nach monatelangem Hickhack taumelt die von Innenminister Holger Stahlknecht (CDU) geplante Polizeireform ihrem Ende entgegen. In einer am Dienstag von der Staatskanzlei verteilten Presseerklärung heißt es, CDU und SPD hätten eine Einigung "zum weiteren Verfahren hinsichtlich der Fortentwicklung der Polizeistrukturen" erzielt.

Dem war ein Treffen von Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU), Finanzminister Jens Bullerjahn (SPD) sowie den Parteivorsitzenden Katrin Budde (SPD) und Thomas Webel (CDU) vorangegangen. Stahlknecht war bei diesem Gespräch nicht dabei.

Von einer "Polizeireform", wie sie Stahlknecht eigentlich bis zuletzt durchsetzen wollte, ist jetzt auf der politischen Spitzenebene keine Rede mehr. SPD-Chefin Budde sagte am Dienstag: "Wir wollen die Polizeistrukturen fortentwickeln, ohne sie komplett in Frage zu stellen. Eine Reform brauchen wir nicht." In einem internen Hintergrundpapier der SPD-Landtagsfraktion vom 28. April ist das noch viel drastischer formuliert. Darin heißt es, ein Totalumbau der Polizei werde als "gefährliches Großexperiment" abgelehnt.

SPD: Gefahr, dass die Polizei ins Chaos stürzt

Den von Stahlknecht avisierten Zeitplan - eigentlich sollte im Juli mit der Umsetzung der Reform begonnen werden - halten die Sozialdemokraten für nicht machbar: "Es besteht die realistische Gefahr, dass die Polizei im Verlauf dieses Jahres in ein organisatorisches Chaos gestürzt würde." Es sei zu befürchten, dass der Innenminister "am Ende der Legislatur einen Reformtorso hinterlässt".

Somit haben sich die Koalitionsspitzen in der Staatskanzlei letztlich auf den 2011 geschlossenen Koalitionsvertrag zurückgezogen. Dieser sieht ausdrücklich keine Polizeireform in dieser Legislaturperiode, also bis 2016, vor. In dem Papier steht nur, es komme in den nächsten Jahren darauf an, "dass sich die Polizeibehörden und -einrichtungen in den neuen Strukturen entwickeln". Die Spitzenkoalitionäre haben sich mithin auf den kleinsten politischen Nenner verständigt. In Regierungskreisen wird das so kommentiert: "Politik ist die Kunst des Möglichen."

Vorangegangene Polizeireform war 2008 in Kraft getreten

Stahlknecht wollte sich nicht äußern. Er hat für seine Pläne nach wie vor großen Rückhalt in der CDU-Landtagsfraktion. Und so bäumte sich der Fraktionsvorsitzende André Schröder am Dienstag auf und betonte tapfer die "Notwendigkeit einer Polizeireform". Die SPD sei gut beraten, "einen nunmehr möglichen Beschluss der Landesregierung auch inhaltlich mitzutragen".

Bereits am Montag hatte es ein Gespräch von Bullerjahn und Stahlknecht gegeben. Finanz- und Innenministerium werden nun gemeinsam die Kabinettsvorlage überarbeiten. Die umstrittene Passage, dass auch über das Jahr 2016 hinaus die Zahl von 6000 Polizeivollzugsbeamten nicht unterschritten werden dürfe, wird gestrichen. Das ist eine Schlappe für Stahlknecht. Stattdessen werden die Zahlen aus dem im Jahr 2011 beschlossenen Personalkonzept in das Papier aufgenommen. Danach sinkt die Zahl der Polizeivollzugsbeamten (derzeit 6150) bis 2016 auf etwa 5600, bis 2025 auf 5000.

Vorgesehen ist zudem, die Lebensarbeitszeit für Polizeivollzugsbeamte von derzeit 60 Jahren auf 62 Jahre zu erhöhen.