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Doppelstrukturen bei Krankenhäusern "Wir haben es versaut"

Jahrelang hat Sachsen-Anhalt in Krankenhausbetten und -technik investiert, ohne auf die Auslastung zu achten. Ein Fehler, wie Regierung und Opposition nun gleichermaßen einräumen.

Von Hagen Eichler 17.05.2014, 03:17

Magdeburg l Vor allem in Halle ist die Konkurrenz riesig: Gleich drei Krankenhäuser werben um Patienten, alle sind mit Landesgeld auf den neuesten technischen Stand gebracht. Das landeseigene Universitätsklinikum, das teilweise unsanierte Zimmer aus den 80er Jahren nutzt, leidet darunter. Hier liegt einer der Gründe für die akute Notlage des Klinikums, wie am Freitag Regierungs- und Oppositionspolitiker im Landtag überraschend einmütig einräumten.

"Wir haben als Land dieses extreme Überangebot finanziert", sagte Linken-Fraktionschef Wulf Gallert. Auch seine Partei sei während der Minderheitenregierung beteiligt gewesen. "Wir haben es mit versaut", bekannte Gallert - ebenso selbstkritisch wie CDU-Fraktionschef André Schröder, der von "falschen Entscheidungen der Politik und des Managements" sprach.

Möllring appelliert an die Ärzte im Land

Bei der Suche nach Auswegen allerdings setzen die Parteien auf unterschiedliche Rezepte. Eine erste Festlegung kam von SPD-Chefin Katrin Budde. Von einer Holding, in der die Unikliniken Halle und Magdeburg zusammengefasst werden, hält sie nichts. Begründung: Das in Nord und Süd gespaltene Land würde sonst nur endlos debattieren, wo die Klinikleitung sitzt: "Das ist keine Lösung für Sachsen-Anhalt."

Wissenschaftsminister Hartmut Möllring (CDU) legte sich nicht fest, lobte aber Gespräche der halleschen Uniklinik mit anderen Häusern der Stadt. "In der Landesregierung werden mehrere Ansätze diskutiert", sagte er, bis Mitte Juni werde er ein Konzept vorlegen.

Empörung erntete die Regierung für die Entscheidung von Finanzminister Jens Bullerjahn (SPD), die Sanierung der Zahnklinik in Halle vorläufig auf Eis zu legen. Damit würden eindeutige Beschlüsse des Parlaments ignoriert, kritisierten Hendrik Lange (Linke) und Claudia Dalbert (Grüne). Eine Begründung für das Moratorium bekamen beide nicht - der erkrankte Bullerjahn fehlte, sein Kabinettskollege Möllring verwies lediglich darauf, dass der Ministerpräsident den Bestand der Klinik garantiert habe. "Wegen der vier Wochen Verzögerung wird die Zahnmedizin keinen Schaden nehmen", sagte Möllring.

Indirekt übte er Kritik am Verhalten der niedergelassenen Ärzte im Land, die ihre Patienten zu häufig nach Leipzig, Hannover oder Berlin schickten. Dafür müsse die AOK Sachsen-Anhalt den Unikliniken dort jedes Jahr 100 Millionen Euro überweisen. "Dabei haben wir selbst eine Hochleistungsmedizin im Land", sagte Möllring.

Doch die Universitätskliniken haben noch andere Probleme - bundesweit. Im vergangenen Jahr haben sie ein Defizit von 160 Millionen Euro eingefahren, schätzt ihr Verband. 2014 erwarten nur noch 13 Prozent der Einrichtungen schwarze Zahlen.

Das ruft nun die Ministerpräsidenten auf den Plan: In vier Wochen wollen sie bei Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) Hilfe einfordern. Die besonderen Kosten für schwere Fälle und für die Ambulanzen müssten besser berücksichtigt werden, fordern die Länder-Chefs. Sie berufen sich auf den Koalitionsvertrag, in dem die Berliner Regierungsparteien CDU und SPD Verbesserungen versprochen hatten.

In einem Brief an die Mitarbeiter der Uniklinik Halle betont Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) allerdings auch, dass es in beiden Unikliniken auch "eine Reihe spezifischer Probleme" gebe, für die das Land in der Verantwortung stehe. Aussagen über konkrete Pläne vermied Haseloff, ebenso wie SPD-Chefin Katrin Budde, die ebenfalls auf einen Offenen Brief der Beschäftigten antwortete. Eines versprachen beide: Die Existenz der beiden Kliniken stehe nicht zur Debatte.