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Fehlende Landesmittel Uniklinik durchschreitet Finanz-Tal

Die Magdeburger Universitätsklinik hat mit einem Millionen-Defizit zu kämpfen. Gründe liegen im Abrechnungssystem, das höhere Behandlungszahlen erst im Nachhinein honoriert und extrem gekürzten Landeszuweisungen. Bis Ende des Jahrzehnts soll der Engpass jedoch überwunden sein.

Von Steffen Honig 11.02.2015, 02:30

Magdeburg l Haus 60 des Uniklinikums Magdeburg, Schockraum der Notaufnahme: Hier steht ein Narkosearbeitsplatz vom Typ ADU der Firma Datex. Das Unternehmen gibt es heute nicht mehr, es ist im General-Electric-Konzern aufgegangen.

"Die Medizintechnik entwickelt sich dramatisch", sagt Uwe Ebmeyer, stellvertretender Direktor der Anästhesie-Klinik, "Es gibt heute Möglichkeiten, die wir vor zehn Jahren noch nicht kannten." Vor zehn Jahren - zu dieser Zeit ging das neugebaute Haus 60 in Betrieb und wurde mit allem Notwendigen ausgestattet.

Mit adäquatem Ersatz allerdings ist es schwierig. Rund 75000 Euro kostet ein komplettes Anästhesiegerät - das Geld ist nicht da. So müssen die Medizintechniker immer wieder ran, das Klinikum greift außerdem zu Leasingmodellen. Ebmeyer: "Für die Fachärzte-Ausbildung muss die Technik auf dem neuesten Stand gehalten werden. Außerdem können wir uns einen Qualitätseinbruch nicht leisten. Oberstes Gebot für uns ist und bleibt die Patientensicherheit."

Dies unterstreicht auch Jan L. Hülsemann, Ärztlicher Direktor der Uniklinik: Bei der medizinischen Versorgung würden keine Abstriche gemacht, trotz aller Finanznöte. In den roten Zahlen steckt die Magdeburger Uniklinik seit 2012. Damals betrug das Defizit 4,4 Millionen Euro, 2015 wird ein Fehlbetrag von 10,5 Millionen Euro erwartet. Die Ursachen sind - siehe Kasten - sehr komplex. Als einen "Systemfehler" wertet es Hülsemann zudem, dass auch die regierende Große Koalition den deutschen Unikliniken einen Zuschlag für die zu leistende Maximalversorgung bei gleichzeitigem Weiterbildungsauftrag verweigere.

Völlig unterfinanziert seien die Hochschulambulanzen. "Wir behandeln jährlich 20000 Fälle mehr, als wir bezahlt bekommen." Trotzdem, hebt Hülsemann hervor, habe man das Land bislang nicht mit Defiziten belastet. Alles sei aus Rücklagen bezahlt worden. "Wir werden keine Kredite aufnehmen, das dürfen wir auch nicht."

Ein Tabu ist auch das Sparen beim Personal: Der Tarifvertrag schließe betriebsbedingte Kündigungen aus, erklärt Veronika Rätzel, Kaufmännische Direktorin des Hauses. 2014 waren im Uniklinikum 3332 Vollkräfte beschäftigt, die Gesamtmitarbeiterzahl lag bei 4500. "Personalkosten sind im Krankenhausbereich naturgemäß der größte Kostenfaktor", sagt Rätzel. Am Uniklinikum würden 58,4 Prozent des Geldes für die Angestellten ausgegeben.

Gespart werden muss also an anderer Stelle: Neben dem Leasing für Großgeräte, bei Kosten für Bau und Betriebstechnik. Oder per "Kurzliegerstationen". Will heißen: Aus wenig belegten Stationen ziehen Patienten übers Wochenende in andere um, was Nebenkosten spart und Personal überflüssig macht.

"Gespart wird überall, wo es sich nicht direkt auf die Patientenversorgung auswirkt", sagt die oberste Haushälterin des Klinikums. Neuausschreibungen von Dienstleistungen gehören dazu wie Streichlisten beim Büromaterial. Daneben werden Laborleistungen zentralisiert und Neuanschaffungen nur nach Bestandsabgleich gemacht.

Die Klinikums-Spitze hofft, das Defizit ab 2016 schrittweise abbauen zu können. Für den Zeitraum 2018/19 wird dann wieder ein ausgeglichener Haushalt erwartet - durch verringerte Abschläge bei den Behandlungsabrechnungen und die zahlreichen weiteren Einsparungen. Hermann-Josef Rothkötter, Dekan des Uniklinikums, verspricht sich eine Verbesserung der Erlöse auch durch vermehrte Behandlung schwerer Erkrankungen. Bis dahin werden die Medizintechniker noch einiges zu basteln haben.