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IBG-Skandal Das Netzwerk des Dr. von der Osten

Ein Geflecht aus persönlichen Kontakten half dem einstigen IBG-Manager
Dinnies von der Osten, von Landesbeteiligungen privat zu profitieren -
für diese Einschätzung findet der IBG-Untersuchungsausschuss immer mehr
Hinweise.

Von Hagen Eichler 26.03.2015, 02:23

Magdeburg l Es ist ein Moment wie im Gerichtssaal: Vor dem Zeugen liegt ein Blatt Papier mit handschriftlichen Details zur Gründung einer Firma. Eine Million Euro wird dieses Unternehmen später vom Land Sachsen-Anhalt erhalten. Voraussetzung für eine solche Landesbeteiligung ist eine Produktionsstätte im Land - doch der Verfasser des handschriftlichen Konzepts hatte offenbar andere Pläne. "Sitz des Unternehmens: Sachsen-Anhalt" hat er notiert und dahinter in Klammern einen verräterischen Zusatz notiert: "Briefkasten".

Wer hat die Briefkastenfirma geplant? Wer wollte Landesgeld abgreifen, ohne Arbeitsplätze im Land zu schaffen? Im IBG-Untersuchungsausschuss des Landtags richten sich alle Augen auf den Zeugen. Der muss nicht lange überlegen: "Das sieht aus wie die Schrift von Herrn von der Osten."

Das passt. Denn Dinnies von der Osten, im Juli 2013 gefeuerter Manager der Landesbeteiligungsgesellschaft IBG, hat ein ganz persönliches Interesse daran, dass Geld vom Land an die 2005 gegründete Firma fließt. Sie heißt ACM Coatings - und an deren israelischer Muttergesellschaft Acktar Ltd. ist von der Osten indirekt beteiligt. Praktischerweise kann er in Magdeburg als Chef der IBG einiges dafür tun, ACM auf die Beine zu helfen - auch wenn fraglich ist, ob dabei die Beteiligungsregeln des Landes eingehalten werden.

Mehrfach haben Journalisten versucht, am ACM-Firmensitz in Sülzetal (Börde) Mitarbeiter anzutreffen. Gefunden haben sie einen Briefkasten.

Lukrativer Tipp vom Freund

Kein Wunder: Von der geplanten Entwicklung und Fertigung von Solarfolien hatte sich ACM bereits 2009 verabschiedet - so steht es in einem Bericht an die IBG. Stattdessen sollten nunmehr Produkte der israelischen Konzernmutter vertrieben werden. "ACM war der verlängerte Arm von Acktar - und das ist Ihnen nicht aufgefallen?", donnert der Linken-Abgeordnete Frank Thiel den Zeugen an, den bei der IBG zuständigen Beteiligungsmanager. Der windet sich. Schließlich räumt er ein: Dass trotz einer Million Euro Landesgeld in zehn Jahren keine Fertigung aufgebaut wurde, sei "ein Stück weit unbefriedigend".

Möglicherweise ist es aber auch kein Zufall, dass niemand die Notbremse zog. Der Manager, der das hätte tun können, war vor seinem Einstieg bei der IBG bei der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft PwC tätig. Sein wichtigstes Gutachten verfasste er dort zur Beteiligung der IBG beim Solarhersteller Q-Cells. Zufall oder nicht: Auch bei Q-Cells war von der Osten privat beteiligt. Still und heimlich brachte ihm das ein Vermögen.

Beziehungen, Freundschaften finden die Abgeordneten überall. Da ist der Berliner Anwalt Wolfram Krohn, der 2006 und 2007 im Auftrag des Landes die Privatisierung des IBG-Managements organisieren soll. Gewinner der Ausschreibung wird am Ende von der Osten. Bemerkenswert ist, wie Krohn an den lukrativen Auftrag kommt: Angesprochen wird er durch seinen Duzfreund Thomas van Aubel. Der und dessen Gattin Jutta von Falkenhausen sind mit von der Osten privat und durch einen gemeinsamen Investmentfonds finanziell engstens verflochten.

Hätte Krohn, der ja die Interessen von Sachsen-Anhalt vertreten sollte, diese Beziehungen nicht offenlegen müssen?, fragt der CDU-Abgeordnete Thomas Leimbach. "Nein, es war ja offensichtlich, dass wir uns kannten", entgegnet Krohn. In diesem Beziehungsgeflecht gedeihen die Merkwürdigkeiten. Bei der Privatisierung der IBG etwa wird im laufenden Verfahren der Bewertungsmaßstab verändert. Der zunächst hinten liegende Bewerber von der Osten erhält den Zuschlag.

Der Untersuchungsausschuss steht vor der entscheidenden Phase. Noch vor der Sommerpause will er Ministerpräsident Reiner Haseloff und Finanzminister Jens Bullerjahn befragen.