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Zinserlass für Hübner-Gruppe Bullerjahn gerät stärker unter Druck

Sachsen-Anhalts Landesrechnungshof hat den 270000-Euro-Zinserlass für Unternehmen aus dem Firmenreich des früheren SPD-Bundestagsabgeordneten Klaas Hübner scharf kritisiert. Die rechtlichen Voraussetzungen dafür seien nicht gegeben. Die Opposition im Landtag fordert personelle Konsequenzen.

Von Michael Bock 25.06.2015, 03:10

Magdeburg l Rechnungshofpräsident Kay Barthel sagte am Mittwoch, der Erlass von Nachzahlungszinsen sei "mit geltendem Steuerrecht nicht zu begründen". Es hätten weder die persönlichen - zum Beispiel Bedürftigkeit - noch die sachlichen Voraussetzungen für einen solchen Erlass vorgelegen. Die inzwischen aufgelöste Oberfinanzdirektion (OFD) habe "die geltenden Rechtsgrundlagen fehlerhaft angewandt". Der damalige OFD-Finanzpräsident hatte 2013 die Finanzämter in Magdeburg, Staßfurt und Bitterfeld-Wolfen angewiesen, Nachzahlungszinsen auf fällige Steuern von Unternehmen aus dem Firmengeflecht zu erlassen. Klaas Hübner und Familienmitglieder sind als Gesellschafter an Unternehmen der "Schlossgruppe Neugattersleben" beteiligt.

Laut Rechnungshof hat die OFD "die geltenden Rechtsgrundlagen fehlerhaft angewandt". Den Prüfern zufolge waren die Dokumentationen wie Akten- und Gesprächsvermerke oder begründende Unterlagen sowohl beim Finanzministerium als auch bei der OFD "mangelhaft" oder fehlten sogar vollständig. Barthel: "Das gilt insbesondere für die Darlegung der Gründe des Zinserlasses, das Aufzeigen der Voraussetzungen dafür sowie die Bewertung der Gesamtumstände und deren Folgen."

Anhaltspunkte dafür, das Finanzministerium habe direkten Einfluss auf die Betriebsprüfung ausgeübt, hat der Rechnungshof nicht gefunden. Die Prüfer verweisen aber darauf, dass die OFD "wiederholt an die Hausspitze" des Finanzministeriums berichten musste. Nach Auffassung der Prüfer "hat die Mitwirkung des Finanzministeriums, insbesondere nach Beendigung der Betriebsprüfung, daher maßgeblich zu der Entscheidung der OFD beigetragen, Nachzahlungszinsen auf umstrittene Steuern zu erlassen".

Der Unternehmer Klaas Hübner und dessen Vater waren bereits 2011 wegen einer sich über drei Jahre hinziehenden Betriebsprüfung auf Finanzminister Jens Bullerjahn (SPD) zugekommen. Hübner und Bullerjahn sind gut befreundet. Nach Darstellung des Ministers ging es bei dem Gespräch mit den Hübners um mehr als 700 strittige Bescheide. Er, Bullerjahn, habe seine Fachleute gebeten, die Sache zu prüfen. Daraufhin hätten sich Oberfinanzdirektion, Finanzämter und Unternehmensgruppe auf eine "pragmatische Lösung" verständigt. Bullerjahn hat stets beteuert: "Es gab keinen Hübner-Bonus."

Frank Thiel (Linke) sagte gestern: "Wenn gegen geltendes Recht verstoßen wurde, sind personelle Konsequenzen unumgänglich. Und wenn ein Minister sein Ministerium und seinen Verantwortungsbereich nicht mehr im Griff haben sollte, muss ein Ministerpräsident eigentlich handeln."

Olaf Meister (Grüne) erklärte: "Es ist genug. Die politische Verantwortung für diese Vorgänge trägt der Finanzminister." Die Regierung müsse sich fragen lassen, wann sie endlich Konsequenzen, auch personeller Art, ziehe: "Der Eindruck, dass Beziehungen helfen, günstige Entscheidungen der Finanzverwaltung zu erhalten, ist verheerend und kann nicht hingenommen werden." Die Vize-Landesvorsitzende der nicht im Landtag vertretenen FDP, Lydia Hüskens, forderte Bullerjahns Rücktritt.

Der Finanzminister sagte der Volksstimme gestern: "Ich nehme das nicht auf die leichte Schulter. Ich zitiere jetzt alle Beteiligten zu mir. Ich muss mir ein Bild machen." Die Frage, ob er personelle Konsequenzen ziehe, ließ Bullerjahn zunächst offen.