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Übernahme Sorge um Zukunft des Kaliwerks Zielitz

Im Kaliwerk Zielitz werden jährlich bis zu zwölf Millionen Tonnen Rohsalz gewonnen. Das weiße Gold ist begehrt, der Weltmarkt ist milliardenschwer. Doch nach der Offerte des kanadischen Rivalen Potash blicken die Mitarbeiter von K+S in Sachsen-Anhalt sorgenvoll in die Zukunft.

15.07.2015, 00:59

Zielitz l Bei klarem Wetter reicht die Sicht vom Kalimandscharo im Bergwerk Zielitz manchmal bis zum Brocken. 120 Meter ist der Salzberg aus Rückständen der Kaliproduktion inzwischen hoch. Die Halde ist das sichtbarste Zeichen für eine lange Bergbautraditon in Zielitz. Doch nun ziehen über dem Wahrzeichen Wolken auf.

Denn K+S, der Mutterkonzern des Kaliwerks in Zielitz, befindet sich in einer Übernahmeschlacht. Der Düngemittelhersteller aus Kassel droht die Eigenständigkeit zu verlieren, sollte der kanadische Rivale Potash seine Kaufabsichten tatsächlich weiterverfolgen. Vor zwei Wochen hatte die Chefetage von K+S den ersten kanadischen Vorstoß abgelehnt. Das vorliegende Angebot von 41 Euro je Aktie hielten die Hessen für zu niedrig. Zudem forderte K+S von Potash auch Zusagen zum Erhalt von Standorten und Arbeitsplätzen.

"Wir wollen, dass der heimische Bergbau und die Produktion lebensnotwendiger mineralischer Stoffe auch in den kommenden Jahrzehnten möglich und sicher bleiben. Initiativen, die aus unserer Sicht nicht diesem Interesse dienen, müssen wir ablehnen", erklärte K+S-Personalvorstand Thomas Nöcker. Doch eine Entwarnung klingt anders. Das haben auch die Mitarbeiter an den Standorten in Sachsen-Anhalt wahrgenommen.

Feindliche Übernahme droht

Mehr als 2000 Beschäftigte sind für K+S in Bernburg (Salzlandkreis) und Zielitz (Landkreis Börde) tätig. "Die Mitarbeiter sind in großer Sorge", sagte Martin Westphal, der seit zwei Jahren das Kaliwerk in Zielitz leitet. Westphal und sein Betriebsratsvorsitzender Michael Knackmuß trafen sich am gestrigen Dienstag mit Ministerpräsident Reiner Haseloff und Landesentwicklungsminister Thomas Webel (beide CDU). Es sollte ein Zeichen der Verbundenheit sein.

Westphal weiß, dass die Kanadier bald Ernst machen. Sollte sich Potash mit dem Vorstand von K+S nicht auf einen Kaufpreis einigen können, droht eine feindliche Übernahme.

Politiker unterstützen K+S, sind aber machtlos

Derzeit, so Westphal, herrsche Schweigen zwischen den beiden Kali-Konzernen. Doch dieses Schweigen ist nur ein Atemholen, ein Kräftemessen, bevor Potash zum finalen Schlag ausholt, um den kleineren deutschen Konkurrenten zu übernehmen. Die Gelegenheit ist günstig. Die Aktien von K+S sind breit gestreut. Potash kann die Aktionäre mit einem guten Preis überzeugen. Die Geschäfte von Potash und K+S ergänzen sich zudem gut. Die Kanadier erwirtschaften mehr als die Hälfte ihres Umsatzes in Nordamerika. K+S konzentriert sich überwiegend auf Europa.

Den kanadischen Plänen droht aus der Politik nur wenig Gegenwehr. Neben Sachsen-Anhalt bewirtschaftet K+S Gruben in Hessen, Niedersachsen und Thüringen. Alle Politiker erklärten ihren Wunsch nach dem Erhalt der Arbeitsplätze, aber auch ihre Machtlosigkeit. Denn das EU-Recht schließt Interventionen von staatlicher Seite bei Unternehmensübernahmen aus. Man müsse noch prüfen, was die Gesetze für Spielräume ließen, betonte Haseloff am Dienstag.

In der Konzernzentrale in Kassel bereiten sich die Mitarbeiter hinter den Kulissen schon auf einen Eigentümerwechsel vor. Das Scheitern einer feindlichen Übernahme wird als "extrem unwahrscheinlich" bezeichnet.

Aus dem Bergwerk in Bernburg gewinnt K+S vor allem Streusalz für Straßen. Ein Geschäftsfeld, in dem Potash bislang noch nicht aktiv ist. "Die Frage ist, ob das Werk in die Ausrichtung des Konzerns passt", sagte Ulrich Göbel, der bei K+S als Sprecher für die deutschen Standorte zuständig ist.

Potash will wieder Weltmarktführer werden

Zielitz dürfte für die Kanadier hingegen interessanter sein, da der Konzern selbst das meiste Geld mit Düngern aus dem Kalibergbau verdient. Allerdings hat Potash in eigenen Werken in Kanada mit Überkapazitäten zu kämpfen - fraglich, ob das Zielitzer Werk nach der Übernahme in der derzeitigen Form weiterbestehen kann.

Garantien für einzelne Standorte werde es bei der Übernahme nicht geben, so Göbel. "Es kann sein, dass Geschäftsfelder, die nicht in das Portfolio passen, losgelöst werden und möglicherweise zur Finanzierung des Kaufpreises weiterverkauft werden", sagte der K+S-Sprecher.

Der einstige Weltmarktführer Potash steht heute an dritter Stelle zwischen zwei osteuropäischen Rivalen. Ein Kauf von K+S könnte die Kanadier wieder zur Nummer eins aufsteigen lassen. Potash ist mit rund 5,4 Milliarden Euro Umsatz um knapp die Hälfte größer als K+S und mit rund 1,8 Milliarden Euro Betriebsgewinn mehr als doppelt so profitabel.

Das Übernahmekarussell im Düngemittelbereich dreht sich seit Jahren. Die weltweit tätigen Konzerne versuchen durch Zukäufe Größenvorteile in einem langfristig attraktiven Wachstumsmarkt aufzubauen. Erst 2010 versuchte die britisch-australische BHP Billiton, Potash zu kaufen. Doch die kanadische Regierung blockte die Übernahme ab. Nun geht Potash selbst auf Einkaufstour.