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Bund und Länder finanzieren 40-Millionen-Euro-Hilfsfonds Land richtet Beratungsstelle für DDR-Heimkinder ein

27.03.2012, 03:21

Sachsen-Anhalt richtet eine Beratungsstelle für ehemalige DDR-Heimkinder ein, die unter Zwang und Gewalt gelitten haben. Den Betroffenen solle umfangreiche Hilfe bei der Aufarbeitung ihrer Erfahrungen gegeben werden.

Berlin/Magdeburg (epd/dpa) l Wie Sozialminister Norbert Bischoff (SPD) gestern in Magdeburg mitteilte, können in der Beratungsstelle Betroffene Hilfe bei der Recherche nach Unterlagen erhalten und Anträge auf finanzielle Unterstützung stellen.

Bischoff und weitere ostdeutsche Länderminister hatten zuvor in Berlin einen 40-Millionen-Euro-Fonds für Hilfen und Rentennachzahlungen vorgestellt, den Bund und neue Länder je zur Hälfte finanzieren. Ehemalige DDR-Heimkinder sollen die gleichen Hilfen erhalten wie frühere Heimkinder aus der Bundesrepublik.

Präsentiert wurde außerdem der Bericht zur Aufarbeitung der Heimerziehung in der DDR, der von einer Bund-Länder-Arbeitsgruppe erstellt und um Schilderungen und Forderungen von Heimkinder-Vertretern ergänzt wurde. Roland Militz, der als Kind und Jugendlicher acht Jahre in DDR-Heimen eingesperrt war, sagte: "Wir sind froh, dass wir sagen können: Wir haben mitgeholfen bei der Wahrheitsfindung." Der Bericht geht von bis zu 400000 Heimkindern aus.

Laut dem Bericht glichen die Zustände in DDR-Heimen "erschreckend" denen in der frühen Bundesrepublik, "auch wenn hier andere gesellschaftliche und moralische Vorstellungen zugrunde lagen". Kinder und Jugendliche seien unter dem Vorwand der Umerziehung zu einer sozialistischen Persönlichkeit emotionaler Kälte, harter Arbeit, der Prügelstrafe, Einzelhaft, Essens- und Trinkverbot sowie schweren Demütigungen und sexuellen Übergriffen ausgesetzt gewesen.

Wie in der Bundesrepublik sei "die an den Strafvollzug erinnernde Unterbringung" ein prägendes Element der Heimerziehung in der DDR gewesen. Die Heimkinder-Vertreter fordern daher, dass das Gesetz zur strafrechtlichen Rehabilitation so geändert wird, dass es auch auf ihre Fälle zutrifft. Die Länderminister wollen das prüfen.

Staatssekretär Hermann Kues (CDU) vom Bundesfamilienministerium betonte, der Fonds helfe, die Folgen zu mildern. "Es ist aber keine Entschädigung."

Der Bericht über die DDR-Heimerziehung kommt nicht zu der Bewertung, "dass es sich bei der Heimerziehung in der DDR insgesamt um ein Unrechtssystem gehandelt haben könnte". Gegen die zahlreichen Rechtsverstöße, die auch nach DDR-Recht hätten geahndet werden müssen, habe es jedoch "keine wirksamen Rechtsmittel oder andere Kontrollmöglichkeiten" gegeben. Die Kinder und Jugendlichen waren dem System vollständig ausgeliefert.

Mecklenburgs Sozialministerin Manuela Schwesig (SPD) sagte, die ostdeutschen Länder übernähmen die Verantwortung für die menschenrechtswidrige Praxis der DDR-Heimerziehung und bat die Betroffenen um Verzeihung.