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  5. Prominente nutzen im sozialen Netzwerk den direkten Draht zu ihren Fans

Jens Holze ist Experte für neue Medien und sagt: "Für manch einen Prominenten wäre es im eigenen Interesse gut, wenn er sich zurückhalten würde." Prominente nutzen im sozialen Netzwerk den direkten Draht zu ihren Fans

27.04.2012, 03:21

Soziale Netzwerke im Internet - für Prominente wie für Normalbürger bieten diese Chancen und Risiken. Martin Rieß sprach mit Jens Holze, der als Experte für neue Medien am Lehrstuhl Allgemeine Pädagogik der Magdeburger Otto-von-Guericke-Universität arbeitet.

Volksstimme: Herr Holze, was bewegt Prominente, in sozialen Netzwerken aktiv zu werden?

Jens Holze: Sie können direkt mit ihren Fans und Kunden, mit ihren Lesern und Zuhörern kommunizieren. Hier haben sie die Möglichkeit, sich authentisch darzustellen und Botschaften genau so zu transportieren, wie sie dies wünschen.

Volksstimme: Stichwort Authentizität: Wie kann sich der Internetnutzer sicher sein, dass er es wirklich mit einem Prominenten zu tun hat?

Holze: Das ist ein schwieriges Thema. In der vergangenen Woche haben beispielsweise Nachrichten bei Twitter die Runde gemacht, die angeblich Christian Wulff veröffentlicht hat. Im Nachhinein hat sich gezeigt: Diese Tweets waren gefälscht. Um so etwas zu verhindern, haben immerhin einige Anbieter zumindest für Personen des öffentlichen Lebens eine Authentifizierung eingeführt.

Volksstimme: Können sich die Besucher sicher sein, dass die Prominenten selber schreiben?

Holze: Es hat Fälle gegeben, bei denen dies nicht der Fall war. Vor geraumer Zeit ist so der Fall Britney Spears bekannt geworden, die ihre Einträge selten selbst vorgenommen hat. Um das nicht falsch zu verstehen: Natürlich ist es legitim, wenn Personen des öffentlichen Lebens nicht jeden einzelnen Beitrag selbst verfassen. Allerdings sollten sie wenigstens einen Teil der Inhalte selbst eingeben. Und es gehört Ehrlichkeit dazu: Wenn eine Agentur vermeintliche Erlebnisse eines Prominenten veröffentlicht, dann kann man das beispielsweise oft an der Sprache erkennen. So etwas kommt in der Internetgemeinde sehr schlecht an.

Volksstimme: Neben den Chancen gibt es auch Risiken und Nebenwirkungen.

Holze: Genau. Da gilt für die Prominenten in erster Linie das Gleiche wie für jeden anderen auch: Ich muss mir genau überlegen, was ich von meinem Privatleben preisgebe. Zum einen muss ich genau beachten, was ich nur für Freunde oder für die Öffentlichkeit sichtbar mache. Zum anderen muss ich mir aber auch darüber im Klaren sein, dass selbst die im privaten Kreis veröffentlichten Daten öffentlich werden können. Die Einträge können beispielsweise von anderen kopiert und in öffentlichen Beiträgen verwendet und dabei auch leicht aus dem Zusammenhang gerissen werden. Und niemand kann sich sicher sein, dass die Originalbeiträge oder Kopien irgendwann wirklich aus dem Netz verschwinden.

Volksstimme: In der Vergangenheit hat es Beispiele gegeben, bei denen sich Prominente mit ihren Aktivitäten selbst geschadet haben. Beispiele sind Erika Steinbach, Präsidentin des Bundes der Vertriebenen, die mit ihrer Bezeichnung der NSDAP als "linke Partei" für einen Proteststurm gesorgt hatte, oder Christian von Boetticher, der sich als CDU-Kandidat für das Amt des Ministerpräsidenten von Schleswig-Holstein zurückziehen musste, nachdem wegen Facebook-Einträgen seine Beziehung zu einer Minderjährigen bekannt geworden war.

Holze: An diesen Beispielen wird deutlich: Die Prominenten stehen durch die sozialen Netzwerke unter besonderer Beobachtung. Es ist auch für die klassischen Medien kein Problem, auf dieses Material zurückzugreifen. Und ich möchte sogar noch weitergehen: Hier kann es sich für jeden, ganz besonders natürlich für Prominente, auch nach Jahren noch rächen, wenn er etwas unbedacht veröffentlicht hat. Zudem zeigen die Beispiele auch: Für manch einen Prominenten wäre es im eigenen Interesse gut, wenn er sich zurückhalten und seine Daten doch beispielsweise durch den Filter einer Pressestelle oder einer Redaktion gehen lassen würde.

Jens Holze ist Gründungsmitglied im Magdeburger Verein "Institut für Sicherheitsforschung". Im Internet: www.sicherheitsforschung-magdeburg.de