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Für 234800 Kinder und Jugendliche beginnt das neue Schuljahr. Die Lehrerplanungen für die Zukunft laufen noch. Von Elisa Sowieja Schulstart: Weniger auswendig Lernen ist gefragt

06.09.2012, 03:21

Kopfrechnen ist künftig in der Abschlussprüfung von Sekundarschülern gefragt. Deren kompetenzorientierter Lehrplan gehört zu den Neuerungen in diesem Schuljahr, in das heute insgesamt 234800 Schüler im Land starten. Neue Erkenntnisse zum künftigen Lehrerbedarf gibt es indes noch nicht.

Magdeburg l "Die Schüler sollen weniger auswendig lernen, sondern sich ein anwendungsbereites Wissen aneignen." So fasst Kultusminister Stephan Dorgerloh (SPD) die Idee des kompetenzorientieren Lehrplans zusammen. Ab heute ist er für die knapp 47000 Sekundarschüler in Sachsen-Anhalt verbindlich. Im Vordergrund stehen Sprach-, Medien-, Sozial- und Problemlösekompetenz. Dorgerloh: "In der Mathe-Abschlussprüfung gibt es zum Beispiel einen Teil, in dem keine Hilfsmittel zugelassen sind." Hier ist das gute alte Kopfrechnen angesagt. Der Minister könne sich solch einen Lehrplan auch für Gymnasien vorstellen, erklärt er.

Claudia Diepenbrock, Landesvorsitzende des Sekundarschullehrerverbandes, sieht die Neuerung skeptisch: "Die grundlegenden Wissensbestände laufen in den neuen Lehrplänen Gefahr, hinter den Kompetenzbereichen zurückzustehen", sagt sie. Zudem fehlten die finanziellen Mittel und Rahmenbedingungen wie ausreichende Raumkapazität, um den Frontalunterricht wie gewünscht weiter zurückdrängen zu können.

Genauer Bedarf an Lehrern in der Zukunft wird noch ermittelt

Mit 234800 Schülern bleibt deren Zahl im Vergleich zum Vorjahr weitgehend unverändert. Während die Lernenden an den berufsbildenden Schulen weniger geworden sind, verzeichnen die Sekundarschulen und Gymnasien einen leichten Zuwachs.

Die Unterrichtsversorgung wird dem Kultusministerium zufolge in diesem Schuljahr bei allen Schulformen über dem angestrebten Wert von 102,5 Prozent liegen. Am höchsten ist sie in der Grund-, am niedrigsten in der Förderschule. Allerdings wurden zuletzt 1126 Pädagogen an mindestens zwei Schulen gleichzeitig eingesetzt, um die Versorgung zu gewährleisten. Zudem sind derzeit 64 Schulleiterstellen nicht oder nur vorläufig besetzt. Das hat eine Anfrage der Grünen im Bundestag ergeben.

Hinzu kommt, dass die genaue Lehrerplanung für die nächsten Schuljahre noch nicht steht. Zwar existiert ein Personalentwicklungskonzept der Regierung. Demnach soll die Zahl der Lehrer an allgemeinbildenden öffentlichen Schulen von 16245 Ende 2012 bis zum Ende des Jahres 2025 schrittweise auf 11624 sinken, wobei die Zahl der Neueinstellungen von zuletzt 170 auf 280 im Jahr 2020 steigt. Allerdings wird der tatsächliche künftige Bedarf in den einzelnen Schulformen und Fächern derzeit noch ermittelt, in einer Arbeitsgruppe mit Vertretern von Kultus- und Finanzministerium sowie der Staatskanzlei. Hintergrund ist, dass Sachsen-Anhalt vorübergehend ein Lehrermangel droht.

Die Frage, wie sich die Schülerzahlen voraussichtlich entwickeln, beantwortet das Kultusministerium auf Voksstimme-Anfrage nur vage. Von einem "leichten Anstieg bei den allgemeinbildenden Schulen von jährlich 500 bis 800 Schülern" und einem "erheblichen Einbruch der Schülerzahlen um etwa 10000 innerhalb von fünf Jahren nach 2021" ist die Rede.

Claudia Dalbert, bildungspolitische Sprecherin der Grünen-Landtagsfraktion, moniert: "Nur wenn das Kultusministerium weiß, in welchen Fächern Mangel droht, kann es eine verbesserte Versorgung in der Zukunft sicherstellen."

Studierende interessieren sich zu wenig für Fächer wie Ethik

Hardy-Peter Güssau hingegen, bildungspolitischer Sprecher der CDU, wirbt für ein differenziertes Urteil. "Wir bilden nicht mehr genügend Lehrkräfte in den nachgefragten Fächern wie Musik und Ethik aus." Denn das Interesse der Studierenden verlaufe in andere Studienrichtungen. Das Problem lasse sich "nicht ohne dirigistische Maßnahmen lösen. "Doch dann hätten wir einen Staat, der seinen Bürgern vorschreibt, welchen Beruf sie zu wählen haben." Sein Vorschlag: Man müsse den Studierenden deutlicher die Wahrheiten über spätere Berufschancen bezüglich der Fächer aufzeigen.

Eine Beschränkung der Studienplätze in weniger benötigten Lehramts-Fächern strebt auch Dorgerloh nicht an: "Im Moment sehe ich das nicht."