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Familie Elterntaxi bremst das Wissen aus

Aus Sorge um den Nachwuchs setzen viele Eltern auf das „Elterntaxi“. In unserer Serie „Abenteuer Familie“ werden Bedenken erläutert.

Von Martin Rieß 02.02.2017, 00:01

Magdeburg l Rein mit den Kindern ins Auto, auf dem schnellsten Weg zur Schule und den Nachwuchs nahestmöglich an der Schultür abgesetzt – das gehört in vielen Familien zum Alltag. Doch Experten sehen den Verkehr der Elterntaxis kritisch. Thomas Stegelitz von der Landesverkehrswacht Sachsen-Anhalt nennt mehrere Punkte.

Ein Aspekt ist die ausreichende Zeit. Thomas Stegelitz sagt: „Das Finden eines Parkplatzes insbesondere zu Stoßzeiten des Schulbeginns und bei der Abholung von Kindern ist eines der Probleme.“ So werden bei dieser Gelegenheit Feuerwehrzufahrten zugeparkt oder die Autos der Eltern stehen häufig länger im Park- oder Halteverbot, um die Sprösslinge bis in die Klasse zu bringen. Der Tipp: Sich morgens fünf Minuten mehr Zeit nehmen, etwas abseits parken und das Kind eigenständig zu Fuß zur Schule laufen zu lassen

Kompetenz: „Der größte Nachteil jedoch ist in der Tat, dass Kinder gar keine Möglichkeit haben, den Weg eigenständig kennenzulernen“, sagt Thomas Stegelitz. Wenn Kinder allein mit dem Auto zur Schule gebracht werden, können diese keine Unsicherheiten abbauen. Fachleute sprechen davon, dass die Mobilitätskompetenzen häufig nicht altersgerecht sei. Die Eltern müssten hierfür wichtige Anreize setzen, so der Verkehrsexperte.

Er sagt: „Dazu gehört, den Schulweg mit den Kindern zu Beginn gemeinsam zu bewältigen.“ Und dies möglichst mit unterschiedlichen Verkehrsmitteln – also zu Fuß, bei älteren Kindern mit dem Fahrrad, mit Bus und Bahn und natürlich auch mit dem Auto. „Nur so hat das Kind die Möglichkeit, die ganz unterschiedlichen Gefahren im Straßenverkehr in Obhut der Eltern kennenzulernen. Und nur so kann es lernen, Gefahren richtig einzuschätzen und zu vermeiden“, sagt Thomas Stegelitz.

Zum sicheren Schulweg gehört auch die Kleidung. Das Tragen einer Warnweste als Fußgänger oder reflektierende Streifen auf der Kleidung und Schultaschen nennt Thomas Stegelitz vorteilhaft insbesondere für die dunkle Jahreszeit.

Wissen: Neben dem eigentlichen Schulweg geht es grundsätzlich auch darum, Handlungssicherheit und Wissen für den Straßenverkehr zu erlangen. Sind die Kinder schon in der Sekundarstufe, fördern gemeinsame Fahrradtouren am Wochenende zudem die Sicherheit des Kindes im Umgang mit dem Fahrrad, so der Fachmann.

Schulungen: Die Landesverkehrswacht Sachsen-Anhalt unterstützt die Mobilitäts- und Verkehrserziehung in Kindergärten und Schulen von der Grund- bis zur Sekundarstufe mit einer Reihe verschiedener Projekte. Beispiele für diese Angebote sind die „Mobile Verkehrserziehung für Kinder“ und das Projekt Schulwegsicherheit mit verschiedenen Teilprojekten wie dem Projekt „Schulweghelfer Sachsen-Anhalt“.

Wulf Hoffmann, Vizepräsident der Verkehrswacht in Sachsen-Anhalt: „Für 2017 ist geplant, das Thema ,Elterntaxi‘ verstärkt in den Fokus zu nehmen. Neben einem Pilotprojekt für Sachsen-Anhalt an der Internationalen Grundschule Pierre Trudeau in Barleben im Landkreis Börde ist ein Symposium für Unfallkommissionen vorgesehen.“ Für das Pilotprojekt und das Symposium hat Wulf Hoffmann Jens Leven vom Planungsbüro „bueffee“ aus Wuppertal gewonnen. Dieser hat in enger Zusammenarbeit mit Professor Jürgen Gerlach von der Bergischen Universität Wuppertal im Auftrag der Bundesanstalt für Straßen- und Verkehrswesenwesen (BASt) die Broschüre„Schulwegpläne leichtgemacht – Der Leitfaden“ entwickelt und ist ausgewiesener Experte auf diesem Gebiet. Jens Leven wird in diesem Jahr seine Erfahrung mit einschlägigen Projekten den Beteiligten in Sachsen-Anhalt nahebringen und die notwendigen Schritte erläutern wird.