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Landesregierung Stolperstart nach Kenia

Sachsen-Anhalt hat eine neue Landesregierung. Doch es war eine Zitterpartie.

Von Jens Schmidt 26.04.2016, 01:01

Magdeburg l Um punkt 11 Uhr eröffnet Landtagspräsident Hardy Peter Güssau am Montag die Parlamentssitzung. Erster Tagesordungspunkt: Wahl des Ministerpräsidenten. Der einzige Kandidat heißt Reiner Haseloff (CDU). Der 62-jährige braucht eine einfache Mehrheit für seine zweite Regierungszeit, also mindestens 44 der 87 Abgeordneten-Stimmen. Seine mit Mühen zusammengebrachte Koalition aus CDU, SPD und Grünen hat 46 Abgeordnete. Nur wenige Beobachter rechnen damit, dass die Wahl auf Anhieb gelingt. Die Koalitionsverhandlungen hinterließen Blessuren. Unionsleute schmerzt, dass sie das Landwirtschaftsressort an die Grünen verlieren. Erst am Wochenende hatten sich CDU und Grüne wegen des Saalekanals in die Haare gekriegt.

Um 11.30 Uhr gibt der Landtagspräsident das Ergebnis bekannt: 41 Stimmen für Haseloff. 45 stimmen gegen ihn, es gibt eine Enthaltung. Es reicht nicht. Lange Gesichter. Die CDU beantragt eine einstündige Auszeit. Fraktionschef Siegfried Borgwardt nimmt noch mal alle ins Gebet. Auf den Gängen zeigt einer auf die anderen. „Wir haben klar gestanden“, heißt es von führenden Unionsleuten. „Wir auch“, schwören Grüne und Sozialdemokraten. Vor der zweiten Runde gehen die Fraktionschefs ans Mikrofon und reden allen erneut ins Gewissen. Borgwardt: „Das Ergebnis hat uns überrascht. Wir hatten in der Koalition vereinbart, Dr. Haseloff zu wählen.“ Andreas Steppuhn (SPD): „Wir haben uns auf eine Koalitionsvereinbarung verständigt. Die möchten wir mit Leben erfüllen.“ Claudia Dalbert (Grüne): „Ich weiß, dass Menschen in freien und geheimen Wahlen in der Kabine viele Motivationen haben, ihr Kreuz zu machen. Aber es geht heute darum, diese Regierung der demokratischen Verlässlichkeit auf den Weg zu bringen.“

Zweiter Wahlgang. Kurz vor Bekanntgabe des Ergebnisses legen die Fraktionschefs Blumen parat, das Resultat hatte schon die Runde gemacht. Um 13:10 Uhr steht fest: Reiner Haseloff ist zum Ministerpräsidenten gewählt. Er erhält 47 Ja-Stimmen. Eine mehr, als seine Koalition Abgeordnete zählt. Offenbar hat einer aus der Opposition nun für ihn gestimmt. 34 lehnen Haseloff ab, drei enthalten sich. Drei Stimmen sind beim zweiten Wahlgang ungültig.

Haseloff sagt nach seinem Amtseid: „Ich werde mich im höchsten Maße bemühen, Politik für alle Bürger zu machen.“ Eine weitere Polarisierung der Gesellschaft dürfe man nicht zulassen. Und er appelliert an die Opposition, dass auch sie dieses Mal eine besondere Rolle hat: „Alle müssen alles dafür tun, die Werte des Grundgesetzes und der Landesverfassung zu stärken und diese nicht zur Disposition zu stellen.“ Die Abgeordneten der Linken klopfen laut, einige Abgeordnete der AfD verhalten auf die Tische.

Haseloff ist zuversichtlich: „Diese Koalition wird ein Erfolg werden, weil die Projekte gut sind. Auf uns kann man zählen. Sie werden sich noch wundern.“

Nach der Wahl stehen nun auch die Fraktionschefs der Oppositionsfraktionen an den Mikrofonen der Journalisten. André Poggenburg (AfD) betont, seine Fraktion fahre keine Total-Opposition: „Wir werden jeden Antrag, der gut für die Bürger ist, unterstützen.“ Doch dann lässt er keine Zweifel aufkommen, was er von der Regierung hält: „Für uns ist das eine Koalition des Grauens, weil die CDU mit den beiden Wahlverlierern paktiert.“ Für Swen Knöchel (Linke) ist wichtig, dass die Regierung endlich mehr Polizisten und Lehrer einstellt. „Wir haben Überschüsse und Rücklagen - es ist genügend Geld da.“

Die CDU-Minister wollen in dieser Woche ihre Staatssekretäre benennen. Nach Volksstimme-Informationen sollen Michael Richter und Klaus Klang (bislang Staatssekretär im Verkehrsministerium) Staatssekretäre im Finanzministerium werden. Als Staatssekretär im Verkehrsministerium ist der bisherige Büroleiter von Minister Thomas Webel, Sebastian Putz, im Gespräch.

Die Landtagsabgeordnete Edwina Koch-Kupfer wird als Staatssekretärin im Bildungsministerium gehandelt. Ulf Gundlach, bislang Innenstaatssekretär, soll in gleicher Funktion ins Justizministerium wechseln.