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Entwicklung Der Deutschland-Riegel

Diana und Andreas Kunz aus Tangermünde haben eine außergewöhnliche Müsli-Schnitte mit einem großen Namen entwickelt.

Von Anke Hoffmeister 28.05.2016, 18:30

Tangermünde l Ihr macht jetzt auch Riegel?“ Mit dieser Frage werden Diana und Andreas Kunz aus Tangermünde in jüngster Zeit sehr oft konfrontiert. Meist kommt diese Frage mit einem ungläubigen Unterton daher. Der Grund: Das Ehepaar ist beruflich in der Werbebranche zu Hause. Mit Nahrungsmitteln oder gar Riegeln haben die beiden nichts am Hut. Oder doch?

Doch! Allerdings bestimmt der Riegel nicht den Arbeitsalltag. So ganz nebenbei ist die Geschichte ins Rollen gekommen. Inzwischen rollt sie seit vier Jahren mal schneller, mal langsamer dem Ziel entgegen. Und dieses Ziel heißt Produktion. Aber der Reihe nach.

Als Eltern einer heute 14-jährigen Tochter stellten Andreas und Diana Kunz vor einigen Jahren fest: „Amy ist Vegetarierin.“ Nicht von heute auf morgen, sondern nach und nach war ihnen das bewusst geworden. „Sie aß immer um das Fleisch herum. Wurst mochte sie noch nie wirklich gern“, erzählt Diana Kunz und schildert ihre Bemühungen, der Tochter mit ausgefeiltesten Kochkünsten Appetit auf Fleisch zu machen. Ohne Erfolg. „Damals aß Amy viel Schokolade und jede Menge andere ungesunde Dinge“, erinnern sich die Eltern. Sie suchten nach gesunden Alternativen.

Der Blick auf die Inhaltsstoffe verschiedener Riegel, die Schüler eben gern mal mit zur Schule nehmen, war ernüchternd. Aus reinem Interesse weiß das Tangermünder Paar sehr wohl, was sich hinter manch einer verschlüsselten Inhaltsangabe verbirgt. Die Idee wurde geboren, selbst aktiv zu werden, heimische Produkte so miteinander zu verbinden, dass eine leckere und zugleich gesunde Mischung entsteht – obendrein handlich geformt und umweltgerecht verpackt.

2012 starteten Amys Eltern das Projekt. Den Namen „DeutschLand-Riegel“ ließen sie sich patentrechtlich schützen. "Der Name verrät eigentlich schon alles“, erklärt Andreas Kunz. „Es geht hier um einen Riegel, der aus Zutaten besteht, die nur auf deutschem Land gewachsen sind.“

Seit einigen Monaten fährt der Riegel unübersehbar auf ihrem Auto als Werbung mit. Studenten der Fachhochschule Magdeburg-Stendal wurden für das Marketing, Berliner Studenten der Ökotrophologie (Ernährungswissenschaft) und Lebensmittelchemie für die Rezeptentwicklung mit ins Boot geholt. Sie lieferten Ideen, wie regionale Produkte miteinander in eine Form gebracht werden können. Wichtig dabei: „Es sollte keine homogene Masse werden, bei der niemand mehr erkennt, was eigentlich der Inhalt unseres Riegels ist“, nennt Diana Kunz eine ihrer Prämissen. In der heimischen Küche probierte die dreiköpfige Familie so einiges aus, verkostete und verwarf wieder.

Inzwischen gibt es ein Ergebnis. „Die Zusammensetzung unseres Riegels ist kein Geheimnis“, sagt Andreas Kunz. Dinkel, Hafervollkornflocken, Sonnenblumenkerne, Leinsamen, Trockenfrüchte, vermengt mit einer Mischung aus Zuckerrübensirup und Apfeldicksaft, bilden den „DeutschLand-Riegel“.

Alles, was in den Riegel kommt, soll hierzulande gewachsen sein. Kurze Wege, möglichst von Landwirten aus der Region, möchten die Tangermünder vorweisen können. Am liebsten würden sie genau vermerken, auf welchem Feld was gewachsen ist. Die Trockenfrüchte, die dem Riegel die fruchtige Note geben, kommen von der jungen Magdeburger Firma PÄX Food. Hier werden Obst und Gemüse mit einem speziellen Verfahren getrocknet und als gesunde Snacks für den Verbraucher angeboten.

Dass es nicht ganz ohne Schokolade geht, bemerkte die Familie recht schnell. Deshalb wird die Komposition aus heimischen – nicht unbedingt bio-zertifizierten – Zutaten von einem dünnen Schokoladenmantel umhüllt. Aber auch der hat eine Besonderheit: Er ist vegan. Mit Hilfe des Tangermünder Unternehmers Olaf Stehwien, der die „Tangermünder Nährstange“ herstellt, ist es ihnen gelungen, vegane Schokolade um ihren „DeutschLand-Riegel“ zu legen. Die Kakaobohnen kommen von bio-zertifizierten Plantagen. Wichtig war Andreas und Diana Kunz, „dass die Masse nicht in Form geschnitten, sondern in Formen gefüllt wird. So bleibt das ganze Korn erhalten“.

„Testesser“ wurden immer wieder mit neuen Kreationen überrascht. Geburtstagskinder, Geschäftskunden, Verwandte, Mitschüler ihrer Tochter Amy und andere Interessenten kamen bereits in den Genuss dieser „90-prozentig fertigen Idee“, so Andreas Kunz.

Allerdings dürfen die Probanden die kompostierbare Folie – umhüllt von einer Pappbanderole mit wissenswertem Infotext zu gesunder Ernährung – nicht einfach nur aufreißen und in den Riegel beißen. Wer den Riegel testet, wird gebeten, eine zweiseitige Kundenumfrage zu beantworten. „Wir finden selbst, dass die Schokolade noch zu dominant ist. Die Schicht muss dünner werden“, formuliert Diana Kunz einen ihrer Verbesserungsvorschläge. Doch auch jeder andere Hinweis wird gern entgegengenommen. Schließlich soll das Tangermünder „Riegel-Kind“ ein Erfolg werden und Abnehmer finden.

Bei der Entwicklung des „DeutschLand-Riegels“ geht es Andreas und Diana Kunz aber nicht nur um gesunde Ernährung, sondern auch um Wissenstransfer. Geschichte und Geschichten sollen die Innenseite der Riegel-Pappbanderole füllen. „Wir werden sie regelmäßig updaten“, sagen sie. Sie hätten jede Menge Ideen und sogar einen Autor gefunden, mit dem sie dafür zusammenarbeiten möchten.

Mit Blick auf die Welt, das Land, die Umwelt sagt Andreas Kunz: „Ich versuche, meine Umwelt so zu hinterlassen, wie ich sie vorgefunden habe.“ Auch wenn der Produktionsstart aus heutiger Sicht nah scheint, sind Andreas und Diana Kunz vorsichtig mit ihrer Prognose. „Wenn alles gutgeht, können wir vielleicht 2017 beginnen. Aber wir wissen nicht, was noch alles kommt. Ein Zeitlimit haben wir uns nie gesetzt. Der ,DeutschLand-Riegel‘ soll eine ehrliche Lösung sein.“

Für Tochter Amy kommt der Probe-„DeutschLand-Riegel“ immer häufiger in die Schulmappe. Diana Kunz berichtet: „Erst heute hat sie einen Karton mitgenommen. Im Biologieunterricht wollen sie ihn probieren und bewerten.“