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Recycling Streit um Pfand für Milchtüten

Gibt es bald Pfand auf Milchtüten oder Weinflaschen? Ein Gesetz wird gerade diskutiert. In Sachsen-Anhalt ist das Echo zweigeteilt.

28.02.2017, 23:01

Magdeburg l Für eine Flasche Limonade zahlen Verbraucher Pfand, für einen Orangensaft hingegen nicht. Die Pfandregelungen sind verwirrend, meint der Bundesrat und plädiert für eine Reform des Verpackungsgesetzes. Künftig soll sich die Pfandpflicht nicht mehr an Größe und Inhalt einer Getränkeverpackung orientieren, sondern am verwendeten Material dafür. Konkret bedeutet das: Milchtüten, Saftkartons, aber auch Flaschen mit Wein oder Schnaps könnten dann pfandpflichtig werden.

Sachsen-Anhalt hat bei der zurückliegenden Sitzung der Länderkammer nicht für den Vorschlag gestimmt. Denn in der Koalition gibt es Streit darüber, welche Folgen die Reform hätte. Umweltministerin Claudia Dalbert (Grüne) sieht vor allem Vorteile für die Verbraucher. Dalbert sagte der Volksstimme: „Momentan haben wir einfach zu viele Ausnahmeregelungen. Wenn nicht der Verpackungsinhalt, sondern ausschließlich die Verpackungsart als Abgrenzungskriterium der Pfandpflicht erhalten bliebe, würde das die ganze Pfandregelung vereinfachen.“

Das deutsche Pfandsystem funktioniere, sagt hingegen die SPD und verweist auf eine Studie der Wirtschaftsprüfer von PWC. Demnach liege die Rückgabequote der Einweg- und Mehrwegverpackungen zusammengenommen bei 99 Prozent. „Eine allgemeine Pfand- und Rücknahmepflicht für Getränkeverpackungen wäre für Hersteller und Handel mit enormen Belastungen verbunden“, sagte Wirtschaftsminister Armin Willingmann (SPD). Für Unternehmen befürchtet der Minister höhere Entsorgungskosten, für Verbraucher letztlich steigende Preise.

Auch die CDU lehnt eine Pfandpflicht für Milchverpackungen und Weinflaschen ab. Bestehende Rücknahme-systeme seien kaum für Milchverpackungen geeignet. Saure Restmilch würde rasch für unangenehme Gerüche sorgen, befürchtet der wirtschaftspolitische Sprecher der CDU im Landtag, Ulrich Thomas. Der agrarpolitische Sprecher der CDU-Fraktion, Guido Heuer, sagte: „Wer Flaschen aushändigt, muss auch Flaschen zurücknehmen.“ Kosten für ein Rücknahmesystem würden viele kleine, familiengeführte Winzer finanziell überfordern.

Hersteller der betroffenen Getränkegruppen sind entsetzt. Die 395 Weinbauern der Winzervereinigung Freyburg-Unstrut füllen jedes Jahr rund 3,5 Millionen Flaschen ab. Geschäftsführer Hans-Albrecht Zieger befürchtet eine „zusätzliche Belastung“. Sachsen-Anhalts Bauernverband hält den Vorschlag des Bundesrates für „zu kurz gedacht“. „Politisch gewollt sind regionale Warenkreisläufe, die durch Direktvermarkter getragen werden“, sagte Präsident Olaf Feuerborn. Die Politik sollte besser über eine Stärkung des Wertstoffsystems nachdenken, damit möglichst viele Menschen auf ordentliche Mülltrennung achten.

Die Stellungnahme der Länder liegt nun beim Bundes-umweltministerium. Ministerin Barbara Hendricks (SPD) hatte bereits deutlich gemacht, dass sie von den Vorschlägen der Länder nichts hält. Ein Pfand auf Milch- und Saftkartons ergebe keinen Sinn. „Wir haben da kein Umweltproblem. Die Kartons lassen sich gut recyceln und verwerten“, sagte Hendricks.

Bis Anfang März hat ihr Haus Zeit, das Gesetz zu überarbeiten.