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Abschiebungen Grüne attackieren Stahlknecht

Erstmals sind zwei Afghanen aus Sachsen-Anhalt abgeschoben werden. Das sorgt für Streit in der Kenia-Koalition.

Von Michael Bock 24.02.2017, 00:01

Magdeburg l Bei der dritten bundesweiten Sammelabschiebung sind 18 abgelehnte afghanische Asylbewerber, darunter zwei Männer aus Sachsen-Anhalt, ausgeflogen worden. Am Donnerstagmorgen landete das Flugzeug in Kabul.

In Sachsen-Anhalt gibt es scharfe Kritik. Grünen-Landesvorsitzende Susan Sziborra-Seidlitz reagierte „entsetzt und empört“ auf die Abschiebung. „Einen Tag, nachdem wir als Koalitionspartner deutlich gemacht haben, dass wir bis zu einer neuen Sicherheitsbeurteilung für Afghanistan Rückführungen dorthin für falsch halten, werden von hier Menschen in das hoch instabile und vor bewaffneten Konflikten strotzende Land abgeschoben“, sagte sie. „Wo zahlreiche andere Bundesländer Moratorien zu Rückführungen nach Afghanistan eingerichtet haben, hält es das Innenministerium in Sachsen-Anhalt für notwendig, statt einer politischen Entscheidung einfach ,Recht zu vollziehen’. Das ist für uns ein ernsthafter Konflikt, den wir in der Koalition dringend besprechen müssen.“

Innenminister Holger Stahlknecht (CDU) sagte am Donnerstag der Volksstimme: „Wir setzen geltendes Recht um. Darauf kann nicht politisch Einfluss genommen werden. Wir müssen auch den sozialen Frieden im eigenen Land im Auge behalten. Ich bin Innenminister und kein Parteisoldat. Die Menschen erwarten, dass der Rechtsstaat Gesetze auch einhält.“ Ablehnungsbescheide des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge würden auch weiterhin vollzogen. Stahlknecht betonte, dass junge Männer, Gefährder oder straffällig Gewordene abgeschoben würden.

Die Sprecherin des Flüchtlingsrates Sachsen-Anhalt, Stefanie Mürbe, kritisierte die Abschiebung. Beide Männer aus Sachsen-Anhalt hätten sich sehr um Integration bemüht; einem sei sogar schon ein Arbeitsvertrag angeboten worden, sagte sie. Der 26-jährige A. lebte seit 2015 in Deutschland und verfügte laut Flüchtlingsrat bereits über sehr gute Deutschkenntnisse. In Afghanistan habe er als Polizist gearbeitet und sei bei seiner Rückkehr besonders von Verfolgung bedroht. Der zweite Mann, der ebenfalls in Genthin lebte, hat nach Angaben des Flüchtlingsrates gerade ein Praktikum in einem Krankenhaus absolviert.

Seit Tagen streitet sich Bundesinnenminister de Maizière (CDU) mit einigen Landesregierungen über Abschiebungen nach Afghanistan. Der Politiker betonte mehrfach, es gebe sichere Regionen in Afghanistan. De Maizière hatte im vorigen Oktober ein Rückführungsabkommen mit dem Land am Hindukusch unterzeichnet, das Sammelabschiebungen dorthin ermöglicht. Daraufhin hatte es im Dezember eine erste Abschiebung mit 34, im Januar eine zweite mit 25 Personen und nun mit 18 Personen gegeben.

Schleswig-Holstein und andere rot-grün regierte Bundesländer beteiligen sich derzeit nicht an Abschiebungen nach Afghanistan.

Sachsen-Anhalts Linke forderte, Abschiebungen nach Afghanistan unverzüglich zu stoppen. Die asylpolitische Sprecherin der Linken, Henriette Quade, sagte, die Abschiebungen seien „an Verantwortungslosigkeit kaum zu überbieten“, denn: „Afghanistan ist schlicht und ergreifend kein sicheres Herkunftsland.“ Sie sprach von einer „katastrophalen Sicherheitslage“.

AfD-Fraktionschef André Poggenburg warf der Linken „mangelnden Respekt vor dem Rechtsstaat“ vor. „Der Moralismus der Linken ist unerträglich und unverantwortlich. Er zeigt, dass sie offenbar gewillt ist, die Asylkrise noch weiter zu verschärfen, Rechtsstaat und innere Sicherheit noch weiter zu gefährden.“