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AfDPoggenburg schlägt wild um sich

AfD-Chef André Poggenburg geht in Sachsen-Anhalt mit harter Hand gegen parteiinterne Kritiker vor.

Von Michael Bock 20.05.2017, 01:01

Magdeburg l Das Hotel „Harzresidenz“ im beschaulichen Friedrichsbrunn wirbt damit, dass es „abseits vom Straßenlärm am Rande des Forstes“ liegt. An diesem Sonntag könnte es dort lauter werden. Denn: Ab 13 Uhr wird die Wahl des schon bestätigten Bundestags-Direktkandidaten Armin Friese wiederholt.

Damit zieht Poggenburg sein Ding durch. Gnadenlos rechnet er mit vermeintlichen Verschwörern ab, die den Vorstand hätten kippen wollen. Der Landeschef ist überzeugt, dass auch Friese „maßgeblich in einer Chatgruppe aktiv war, in der versucht wurde, im Geheimen subversiv und umstürzlerisch zu agieren“.

Friese bestreitet das. Der Chat werde benutzt, um unliebsame Leute kaltzustellen. Zwei Tage vor der Wahl will er nicht verraten, ob er nochmal antritt. Auf jeden Fall werde er das Bundesschiedsgericht einschalten, sagt er.

Seit Dezember befänden sich er und seine Familie „im Ausnahmezustand“, sagt Friese. Persönliche Anfeindungen und juristische Auseinandersetzungen hinterlassen Spuren. „Der Harzer Kreisverband ist tief gespalten“, sagt er. Diesem gehören mit Lisa und Mario Lehmann auch Mitglieder des Landesvorstands an, der im zurückliegenden Jahr nach und nach gesäubert wurde und dem jetzt nur noch Poggenburg-Getreue angehören. Lisa Lehmann ist Poggenburgs Lebensgefährtin, Mario ihr Vater.

Auch die Wahlen für die bereits bestätigten Wolfgang Rehfeld (Börde – Jerichower Land) und Kay Uwe Ziegler (Anhalt) werden wiederholt. Rehfeld wird am 27. Mai in Gommern erneut kandidieren. Nach Volksstimme-Informationen hat er drei Gegenkandidaten, darunter den AfD-Spitzenmann für die Bundestagswahl, Martin Reichardt. Auch Reichardt sitzt im Landesvorstand, er gilt als Marionette Poggenburgs. Bezeichnend ist, dass Poggenburg von einem Parteitag ganz offiziell zum „Spitzenwahlkämpfer“ gewählt wurde – das gibt es in keiner anderen Partei.

Poggenburg wirft auch Rehfeld subversives Agieren in der Chatgruppe vor. Der sagt zur Wahlwiederholung: „Das hat mit Demokratie überhaupt nichts zu tun. Man muss auch mal Kritik einstecken können. Der Chat war wie ein Kneipen-Stammtisch.“

Indes räumt Poggenburg auch in der Landtagsfraktion auf. Abgeordnete, die er zu seinen Gegnern zählt, haben reihenweise ihre Posten als fachpolitische Sprecher verloren. AfD-Parlamentarier, die sich auf ihrem Fachgebiet gut auskennen, dürfen nicht mehr für die AfD reden.

Unternehmer Alexander Raue darf nicht mehr Sprecher für Wirtschaftspolitik sein. Umweltwissenschaftlerin Lydia Funke verlor ihr Sprecheramt für Umwelt. Für Landwirt Hannes Loth kam das Aus als Sprecher für Landwirtschaft. Gottfried Backhaus, evangelisch, Orgelbauer, ist nicht mehr religionspolitischer Sprecher.

Volker Olenicak verlor das Sprecheramt für Petitionen. Der Justizvollzugsbeamte Jens Diederichs darf nicht mehr Sprecher für Recht und Verfassung sein. Kommunalpolitiker Daniel Roi ist sein Amt als kommunalpolitischer Sprecher los. Seine Lebensgefährtin Sarah Sauermann, Architektin, soll schon vor Wochen aus dem Bereich Landesentwicklung und Städtebau gemobbt worden sein.

Die Sprecherposten sind jetzt mit Poggenburg-Getreuen besetzt oder wurden komplett gestrichen. Poggenburg lässt mitteilen, die Besetzung der Sprecherposten sollte sowieso nach spätestens einem Jahr „neu beraten werden“. Das sei jetzt, aufgrund mehrerer Anregungen aus der Fraktion und mit einer offenen Empfehlung des Vorstandes, geschehen.

Auch für Kreischefs, die Poggenburg als Drahtzieher eines versuchten Putsches ausgemacht hat, wird es ernst. Der AfD-Chef bestätigt, es gebe in zehn Fällen Sanktionen. Diese reichen bis zur Ämterenthebung. Die Schreiben an die Betroffenen seien verschickt, sagt Poggenburg. Er hat vor allem Daniel Roi (Anhalt-Bitterfeld), Lydia Funke (Burgenlandkreis), Dirk Hoffmann (Wittenberg) und Yvonne Sturm (Harz) im Visier.

Armin Friese, der auch Vize-Kreischef im Harz ist, hat Post vom Landesvorstand bekommen. Er soll sein Amt abgeben und zwei Jahre für alle Parteiämter gesperrt werden. Aber: Über die Anträge des Vorstands muss das Landesschiedsgericht entscheiden. Das aber ist wegen des Rücktritts seines Vorsitzenden seit Wochen nicht handlungsfähig.