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Altmärker Angelteich Sechs Jahre Haft für den Schützen

Ein Himmelfahrtsausflug endete im Streit: Der Angeklagte schoss mehrere Männer nieder und wurde selbst fast gelyncht.

Von Wolfgang Biermann 21.12.2016, 23:01

Stendal l Zehn Prozesstage benötigte die Schwurgerichtskammer am Landgericht in Stendal, um sich ein Bild von den Geschehnissen am Himmelfahrtstag am Angelteich in Rohrberg (Altmarkkreis Salzwedel) zu machen. Mit der Verurteilung des Angeklagten gestern zu sechs Jahren Gefängnis wegen versuchten Totschlags in drei Fällen folgte die Kammer unter Vorsitz von Richter Ulrich Galler in dem am 7. Oktober begonnenen Prozess der Strafmaßforderung sowie „der im Plädoyer von Oberstaatsanwältin Ramona Schlüter festgehaltenen Sachverhaltsschilderung“.

Sie hatte festgestellt, dass es „trotz umfangreicher Beweisaufnahme nicht gelungen ist, alle Einzelheiten des Tatabends aufzuklären“. Das liege zum einen daran, dass es dunkel war, dass „fast alle Personen – bis auf zwei – erheblich alkoholisch beeinflusst waren“ und dass sich am Tatort „viele Personen hin und her bewegten, bevor er kriminaltechnisch untersucht werden konnte“.

Fest stehe, dass sich am 5. Mai zwei aus sechs beziehungsweise zehn Männern bestehende Gruppen aus Hannover und Gifhorn an der Nordseite des Angelteiches einfanden, um zu angeln und getrennt voneinander den Herrentag zu feiern. Der zur Gruppe Hannover zählende Angeklagte habe am Nachmittag nach Alkoholgenuss einem Angehörigen der Gruppe Gifhorn im Streit ein aufmunitioniertes Magazin präsentiert, ihm eine Patrone vorgehalten und gesagt: „Die ist für dich.“ Wie Richter Galler in der Urteilsbegründung sagte, „trat der Angeklagte damit eine Spirale der Gewalt los“.

Der Gifhorner bekam bei der sich anschließenden Prügelei das Magazin an den Kopf. Der Angeklagte flüchtete zu seiner Gruppe. Aus dieser machte sich ein 37-Jähriger auf, um den Friedensschluss mit den Gifhornern zu suchen. Das gelang ihm auch.

Als er sich nach 22 Uhr in Begleitung von zwei Männern aus der Gruppe Gifhorn dem Angeklagten näherte, der von den Friedensverhandlungen aber nichts wusste, feuerte dieser aus fünf Metern Entfernung zwei Schüsse aus der Hüfte in Richtung der sich Nähernden ab. Zumindest einer wurde am Kopf getroffen. Der Hannoveraner Friedensstifter selbst kam zu Fall und zog sich beim Sturz Kopfverletzungen zu. Ein Mann der Gruppe Gifhorn griff daraufhin den Angeklagten an, um ihn zu entwaffnen. Dabei löste sich ein weiterer Schuss und traf den Gifhorner in den Bauch.

Dem folgte laut Richter Galler ein „Notwehrexzess“. Der in Kasachstan geborene und seit 1998 in Deutschland lebende Angeklagte erlitt dabei schwere Verletzungen durch Schläge mit dem abgebrochenen Gewehrkolben, konnte aber flüchten. Für diese Schläge wird sich der Gifhorner vor Gericht verantworten müssen, kündigte Oberstaatsanwältin Schlüter an.