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Indium Aus See könnte eine Goldgrube werden

Das seltene Metall Indium ist wichtig für die Herstellung von LCD-Monitoren und Smartphones. 100 Tonnen im Harzer Schlamm?

Von Oliver Schlicht 29.11.2015, 00:01

Goslar l Nicht Gold und Silber in den Schlammrückständen am Bollrich fasziniert die Wissenschaftler und Bergbauunternehmen besonders. Vor allem der Nachweis des Edelmetalls Indium sorgt für Freude. Was ist das für ein Zauberstoff?

Indium gehört zur Gruppe der seltenen Metalle, nicht zu verwechseln mit den seltenen Erden. Zu den „seltenen Metallen“ zählen Experten Metalle, die um 500 Dollar pro Kilogramm kosten und deren Wert zwischen 2001 und 2004 um mindestens 100 Prozent gestiegen ist.

Das Metall ist vielseitig. Mit Indium beschichtete Werkstoffe wie Stahl oder Blei sind beständig gegen Korrosion durch organische Säuren oder Salzlösungen und Abrieb geschützt. Deswegen wurden Indium-Schutzschichten früher zum Beispiel im Automobilbau verwendet. Doch der hohe Anstieg des Indiumpreises machte einen Einsatz dort nicht mehr wirtschaftlich tragbar. Mit dem Aufkommen von Flachbildschirmen ist der Preis durch die Decke geschossen. Er stieg von 97 Dollar im Jahr 2002 auf 827 US-Dollar pro Kilogramm im Jahr 2005. Aktuell hat sich der Kilopreis bei etwa 600 Dollar eingepegelt.

Das Metall wird als transparenter Leiter in der Verbindung Indiumzinnoxid für Flachbildschirme und Touchscreens eingesetzt. Rund zwei Drittel des weltweit geförderten Indiums werden zu dieser Verbindung weiterverarbeitet. Die Kombination der Metalle Indium und Zinn erzeugt einen einzigartigen Werkstoff – zum Beispiel für die Herstellung von organischen Leuchtdioden (OLED).

Auch für Hochleistungssolarzellen wird Indium benötigt. Ersatzmaterialien, die heute bei der Massenproduktion eingesetzt werden, verschlechtern die Leistungseffizienz von Solarzellen.

Die geringe Menge der weltweiten Förderung ist es, die Indium so wertvoll macht. Sie beträgt aktuell nur etwa 630 Tonnen rund um den Globus. Wenn also tatsächlich wie vermutet etwa 100 Tonnen dieses besonderen Metalls in den Schlammrückständen am Rammelsberg lagern, wäre das schon etwas sensationell.

Die größten Vorkommen liegen in Kanada, China und Peru. In größerem Umfang gefördert wird Indium auch in Sibirien. In Deutschland sind Vorkommen im Erzgebirge und am Harzer Rammelsberg nachgewiesen. Indium wird vor allem aus Zink-Erzen gewonnen. Die theoretischen Reserven sollen sich nach Expertenschätzungen auf 16 000 Tonnen beschränken, wovon sich wohl wirtschaftlich bezahlbar etwa 11 000 Tonnen abbauen lassen.

Deshalb gehen Bergbauunternehmen zunehmend den Umweg des Recyclings von Bergbaurückständen, die aus Zeiten stammen, in denen noch kein Mensch an die Notwendigkeit von LCD-Monitoren gedacht hat. Japan ist führend in der Indiumrückgewinnung. Seit dem Jahr 2008 übertrifft weltweit das Recyclingindium die Menge des aus Minen geförderten Materials. So gesehen ist das nun im Harz geplante Projekt kein ganz neues Verfahren.

Trotzdem lässt sich sagen: Der Rammelsberg ist vielleicht eine Goldgrube. Nicht wegen der lächerlichen Menge von angenommenen 1,5 Tonnen Gold im Schlamm, sondern wegen des Indiums.