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Ausbildung Männliche Erzieher sind Mangelware

Oliver Bendler aus Hornhausen und Andy Streckel aus Klein Wanzleben lernen einen eher ungewöhnlichen Beruf für Männer: sie werden Erzieher.

Von Annika Stock 23.03.2016, 12:44

Althaldensleben l Die Klasse, in der Oliver und Andy an der BBS in Haldensleben ihre Ausbildung zum staatlich anerkannten Erzieher absolvieren, zählt insgesamt 22 Schüler. Jedoch sind die beiden die einzigen Männer. Ihre restlichen Mitschüler sind Frauen.

Eine Tatsache, die auch in dem Berufsbild Erzieher weitgehend zu beobachten ist: Vornehmlich Frauen üben diesen Beruf aus. Dies wird bei den Zahlen der angehenden Erzieher im Landkreis Börde im Schuljahr 2015/16 deutlich: Laut dem Statistischen Landesamt Sachsen-Anhalt lernen insgesamt 370 Auszubildende den Erzieherberuf, davon sind 322 Frauen und 48 Männer.

Der Spaß an der Arbeit mit Kindern vereint Oliver und Andy bei ihrem Ziel, die Ausbildung zum staatlich anerkannten Erzieher abzuschließen.

„Ich bin zwei Jahre Jugendtrainer beim OSC, dem Oschersleber Sportclub, gewesen. Die Arbeit mit den Kindern hat mir großen Spaß gemacht und ich wollte mein Hobby zum Beruf machen. Es ist immer abwechslungsreich“, sagt der 28-jährige Oliver.

„Ich bin auf den Beruf gekommen, indem ich vorher ein zweiwöchiges Praktikum in einem Kinderheim in Oschersleben gemacht habe. Die Arbeit hat mir Spaß gemacht, mir gefällt am besten, dass man den Tag selbst gestalten kann und es so nie langweilig in dem Beruf wird“, sagt der 22-jährige Andy über seine Motivation, Erzieher werden zu wollen. Ihre Ausbildung ist durchaus praxisorientiert: Nach zwei Jahren Theorie- und Praxisunterricht geht es im dritten und letzten Ausbildungsjahr nur für fünf Wochen in den Unterricht an die BBS – die restliche Zeit können die Auszubildenden nutzen, um sich in Praktikas zu beweisen.

„Wir lernen vor allem Erziehungswissenschaften und Psychologie. Wir gestalten auch Spiele und setzen uns für Körper und Bewegung ein. Wir üben dann in dem Unterricht Praxisbeispiele mit unseren Mitschülern“, sagt Andy.

Bei der Frage, wie ihr Umfeld darauf reagiert, wenn sie sagen, dass sie angehende Erzieher sind, lächeln die beiden Auszubildenden. „Man bekommt oft Wertschätzungen zu hören, die Leute haben nicht mehr so viele Vorurteile gegenüber männlichen Erziehern, wie es früher der Fall war. Aber natürlich wird es auch noch in Zukunft Vorurteile geben“, meint Oliver.

Beide Azubis finden es schade, dass es wenige männliche staatliche anerkannte Erzieher gibt. „Die Jungen brauchen einen männlichen Ansprechpartner bei manchen Themen, mit einer weiblichen Erzieherin wollen sie nicht gerne darüber reden. Dies ist vor allem dann der Fall, wenn sie in die Pubertät kommen“, weiß der 22-jährige Andy.

Sein Mitschüler Oliver kann dies nur bestätigen. „Ich bekomme eine sehr positive Resonanz, dort wo ich arbeite. Ich bin quasi so etwas wie ein Vater-Ersatz für manche Kinder und Jugendliche. Sie brauchen einfach hin und wieder einen Zuhörer und Tröster“, erklärt er.

„Das ist vor allem bei Kindern der Fall, die keinen richtigen Vater in ihrer Erziehung hatten“, so Oliver weiter. Der 28-Jährige arbeitet in einem Kinder- und Jugendheim. Er betreut in einer Tagesgruppe Kinder im Alter von 8 bis 16 Jahren. Die Kinder gehen direkt nach der Schule ins Heim und verbringen dort ihre Zeit bis zum Abend. „Ich betreue dort verhaltensauffällige Kinder“, sagt der 28-Jährige.

Auch Andy hat diverse Praktikas in verschiedenen Einrichtungen absolviert. „Ich habe schon in einer Kita und in einer Grundschule gearbeitet. Man möchte schließlich jeden Bereich kennenlernen. Die Praxis ist das A und O, wenn man Erzieher werden möchte“, weiß der Klein Wanzleber.

Die zukünftigen Erzieher möchten beide nach ihrer Ausbildung in einem Kinderheim tätig sein. „Wir bereiten die Kinder dort auf den Alltag vor. Wir sind für sie da und wir kümmern uns auch darum, sie bei alltäglichen Dingen zu betreuen wie beispielsweise den Hausaufgaben“, so Oliver.

Staatlich anerkannte Erzieher können sich später in ihrer beruflichen Laufbahn auch noch mal völlig in dem sozialen Bereich umorientieren. „Der Beruf Erzieher ist sehr breit gefächert. Man kann in andere Bereiche einsteigen oder dort arbeiten, wie beispielsweise beim Jugendamt oder als Streetworker.“, führt Andy aus. Auch in Jugendzentren, Beratungsstellen und in ambulanten sozialen Diensten kann man als Erzieher tätig sein.