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Lehrermangel Tullner: "Wir müssen flexibler werden"

Sachsen-Anhalts neuer Kultusminister Marco Tullner spricht über die Startproblemen und Ziele seiner Arbeit.

Von Hagen Eichler 06.05.2016, 01:01

Herr Tullner, laut Koalitionsvertrag sollen Sie nicht Kultusminister heißen, sondern Minister für Bildung. Wird das Schild vor dem Gebäude tatsächlich ausgetauscht?

Marco Tullner: So hat es die Landesregierung entschieden. Ich will mich aber weniger über Namen als über Inhalte definieren.

Über kulturelle Inhalte wird künftig in zwei Häusern entschieden, ein Teil Ihres Hauses soll in die Staatskanzlei wandern. Einverstanden damit?

Das habe ich mit einer gewissen Überraschung wahrgenommen. Ich bitte aber um Verständnis, dass ich keine Auskunft zu laufenden Verhandlungen geben will.

Bis wann ist abschließend geklärt, wer in der Kulturpolitik wofür zuständig ist?

Das wird eine Frage von wenigen Tagen sein.

Vor allem werden Sie mit Schulpolitik befasst sein. In welches Vorhaben wollen Sie die meiste Energie lenken?

Schulpolitik gilt nicht gerade als die ideologiefreie Zone einer Landespolitik. Dessen bin ich mir bewusst. Aber eine Konstruktion wie Kenia lebt von einem gesunden Gefühl für Pragmatismus und die Bereitschaft, politische Kompromisse zu machen. Meine Hauptaufgabe sehe ich darin, eine gute Schule zu organisieren. Es geht um die Frage, wie wir unseren Kindern ermöglichen, mit dem bestmöglichen Bildungsabschluss ins Leben hinauszugehen.

 

Das heißt ganz konkret?

Wichtig ist die Schulstruktur, also die Aufgabe, die Schullandschaft in unserer demografischen Lage bestandsfähig weiterzuentwickeln. Hinzu kommt natürlich die Lehrergewinnung. Aber ich denke auch an die Frage, wie man die Vergleichbarkeit der Schulabschlüsse in Deutschland besser ausbalancieren kann. Ebenso gilt es die Herausforderungen der Digitalisierung auf die Bildung anzugehen.

Blicken wir zuerst auf die Struktur: Im Koalitionsvertrag steht, dass kleine Grundschulen zu Schulverbünden zusammengefasst werden können. Ansonsten bleibt alles wie es ist. Richtig?

Ja, die Zeichen stehen ganz stark auf Kontinuität. Das heißt aber nicht, dass jede einzelne Schule in Stein gemeißelt ist. Hier müssen wir den Einzelfall gemeinsam mit den Akteuren vor Ort, vor allem den Schulträgern, anschauen und erörtern.

Auch unter einem CDU-Minister werden neue Gemeinschaftsschulen eröffnet?

Es gilt die Koalitionsvereinbarung.

 

Sekundarschulen, die sich umwandeln wollen, bekommen keine Steine in den Weg gelegt?

Ich habe zur Kenntnis genommen, dass sich die Koalitionäre auf Verlässlichkeit verständigt haben. Der Koalitionsvertrag wird abgearbeitet.

In dem steht auch, dass es künftig auch islamischen Religionsunterricht geben wird. Wann wird das losgehen?

Im Koalitionsvertrag ist zunächst einmal vereinbart worden, die für einen Islam­unterricht erforderlichen Voraussetzungen zu prüfen. Erst mal müssen wir die wichtigsten Sachen abarbeiten, also die Schulstruktur sichern und neue Lehrer gewinnen. Das Thema islamischer Religionsunterricht wird man sich mal in Ruhe angucken müssen. Im Moment sehe ich den Bedarf dafür im Land nicht so vordringlich.

Das wird also etwas für die zweite Hälfte der Legislaturperiode?

Ja. Das wird natürlich abgearbeitet, aber das hat nicht meine erste Priorität.

Ihr Vorgänger Stephan Dorgerloh hatte vor allem mit fehlenden Lehrern zu kämpfen. Wie wollen Sie das Problem lösen?

Wenn ich den Stein der Weisen gefunden hätte, würde ich Sie Anteil nehmen lassen. Aber so funktioniert es leider nicht. Deutschlandweit werden Lehrer gesucht. Sich darauf einzustellen, erfordert Kreativität und Energie.

Im vergangenen Jahr gab es den Fall, dass ein in Frankreich ausgebildeter Lehrer in Sachsen-Anhalt nicht unterrichten durfte. Das Land Berlin aber hat ihn eingestellt. Werden Sie in solchen Fällen flexibler sein?

Wir müssen da unbedingt flexibler werden. Der Schulbereich hat sich in der Vergangenheit etwas gesträubt. Ich bin da offen für kreative Ideen.

Es gibt wachsende Kritik daran, dass das Abitur in Sachsen-Anhalt sehr hohe Hürden hat. Werden Sie das Problem anpacken?

Ich nehme wahr, dass der Eindruck entstanden ist, dass wir beim Abitur päpstlicher sind als der Papst. Ich denke, dass wir an der einen oder anderen Stelle die Vergleichbarkeit mit anderen Ländern stärker in den Blick nehmen müssen.

Der Koalitionsvertrag sieht vor, dass Lehrer nicht nur in Halle und Magdeburg ausgebildet werden, sondern auch in zusätzlichen Lehrerseminaren. Gibt’s schon Ideen für Standorte?

Wir überlegen, auch im ländlichen Raum neue Ausbildungsstätten zu errichten. Wo, kann ich noch nicht sagen. Ich vermute aber, dass die Altmark eine Rolle spielen wird. Eine regionale Verortung kann dazu beitragen, neue Lehrer zu halten und zu binden.

Schule macht nicht immer nur Spaß. Welches Fach haben Sie als Schüler gar nicht gemocht?

Sport. Meine feinmotorischen Begabungen entsprachen nicht ganz den Leistungsanforderungen. Laufen konnte ich, aber sobald es um Technik oder gar Ästhetik ging  … Mein Horror war eine Kür im Bodenturnen in der elften Klasse. Das war eines der prägendsten negativen Erlebnisse meiner Schulzeit. Ich versuche, das zu verdrängen.