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Presse-Ausschluss Die AfD igelt sich ein

Die AfD in Sachsen-Anhalt schottet sich zunehmend ab. Die Presse wird ausgeschlossen. Justizministerin Keding kritisiert das.

Von Michael Bock 30.05.2017, 01:01

Magdeburg l Am Sonnabend hat die AfD die Wahl eines Direktkandidaten für die Bundestagswahl wiederholt. Eine spannende Sache. Denn der Landesvorstand wollte den gewählten Direktkandidaten wegen angeblich subversiver Bestrebungen ablösen lassen. Darüber hatte die Volksstimme mehrfach berichtet. Doch zur Veranstaltung selbst war kein Journalist zugelassen.

Justizministerin Anne-Marie Keding (CDU) sieht das kritisch. „Wenn die AfD den Anspruch erhebt, auf dem Boden des Grundgesetzes zu stehen, muss sie die Pressefreiheit akzeptieren, sie ist ein Grundrecht“, sagte sie am Montag auf Volksstimme-Anfrage. „Unsere Verfassung ist keine Gemischtwaren-Handlung, in der man sich nach Belieben bedienen kann. Und wer sich auf die Meinungsfreiheit beruft, muss auch Meinungsvielfalt ertragen. Die Angst vor kritischem Journalismus entspringt doch dem Unvermögen, sich mit Argumenten auseinanderzusetzen.“

AfD-Landes- und Fraktionschef André Poggenburg begründet das Aussperren von Journalisten mit „negativen Presseberichten im Zusammenhang mit der AfD“. Aber auch damit, dass Mitglieder den Landesvorstand um den Ausschluss der Presse gebeten hätten. Allerdings: Zu Beginn der Veranstaltung wurde von AfD-Mitgliedern kritisiert, dass die Presse nicht anwesend sein durfte. Man habe schließlich nichts zu verbergen, hieß es.

Öffentlich vermittelt die AfD gern den Eindruck, transparent zu sein. Interessant ist in diesem Zusammenhang eine Pressemitteilung der Landtagsfraktion vom September 2016. Darin werden die „Altparteien“ heftig dafür kritisiert, dass sie keine öffentlichen Ausschusssitzungen wollen. „Stattdessen wollten sie weiter im Verborgenen mauscheln“, heißt es. Die AfD stehe für „völlige Transparenz“.

Die Praxis, auch anderswo, sieht anders aus. In Baden-Württemberg etwa wurden Journalisten von Parteitagen ausgeschlossen. Zur Begründung hieß es, man erwarte von den Medien keine faire und ausgewogene Berichterstattung.

Poggenburg selbst kritisiert in einem internen Schreiben an „werte Mitglieder und Förderer“ eine seiner Meinung nach „tendenziöse Presseberichterstattung“. Zudem greift er „ständige Unruheherde“ in der Landtagsfraktion an, die „durch unautorisiertes Paktieren mit der Presse“ aufgefallen seien. Sie würden der Partei „erneut schweren Ansehensschaden in den Medien“ zufügen, schreibt Poggenburg. Damit sei „das Maß ein weiteres Mal voll“.

Offizielle Statements sowohl für den Landesvorstand als auch für die Landtagsfraktion darf in der AfD nur Poggenburg geben.

Der Deutsche Journalistenverband kritisiert den Ausschluss von Medien scharf. „Nur wer willfährig berichtet, soll die Möglichkeit bekommen, sich selbst ein Bild von der Lage vor Ort zu machen“, sagt Bundeschef Frank Überall. „Die AfD tritt als Zensurinstanz auf, was dem Grundgesetz widerspricht.“ Die Partei fahre medienpolitisch einen „autoritären Kurs, der der Demokratie alles andere als gut tut“.

Per Gesetz ist die Zulassung von Medien nicht geregelt. Juristen gehen aber davon aus, dass die Parteien das nicht nach Gutdünken entscheiden dürfen. Der renommierte Hamburger Medienrechtler Stefan Engel sagt, Parteien hätten aufgrund ihrer besonderen Willensbildung in einer freiheitlich demokratischen Grundordnung besondere Pflichten. Vor allem bei Parteitagen, auf denen ein Programm verabschiedet werde oder Kandidaten aufgestellt würden, sei der Presse „zwingend Zugang zu gewähren“.